Die Österreicher haben eine tiefe Abneigung gegen jeglichen chemischen Eingriff in die Nahrungsmittelproduktion – und in der Regel sind damit bisher auch alle Seiten gut gefahren: Die Bauern, die ihre Äpfel und Birnen gut verkauften; der Handel, der mit österreichischem Obst seine Regionalitätsschiene entsprechend vermarkten konnte; und der Konsument, dem der Biss in einen knackigen Apfel Genuss ebenso verspricht wie dass er etwas für seine Gesundheit tut.

Das müsste künftig nicht anders werden, auch, wenn eine hochinfektiöse Bakterienkrankheit namens Feuerbrand seit dem Vorjahr die Obstbäume massiv bedroht. Es gibt nämlich genug Möglichkeiten, den Feuerbrand einzudämmen. Sei es mit "biologischen" Mitteln, denen allerdings ein zu geringer Wirkungsgrad zugeschrieben wird, sei es mit einer Antibiotika-Keule.

Laut Ernährungsbehörden ist letzteres Mittel in dem Obst von einem Baum, der mit Antibiotika behandelt wurde, nicht nachweisbar. Das muss man einmal so glauben. Schließlich stehen außerhalb von Österreich auch ein paar Obstbäume herum – und dort wurden in der Regel bereits Antibiotika zugelassen.

Ein bisschen Patriotismus und eine gewisse Portion Vernunft muss bei einer Angelegenheit, wie sie "Feuerbrand" darstellt, schon möglich sein. Schließlich ist der Apfel genießbar, auch wenn der von Feuerbrand befallene Baum es nicht mehr lange macht.

Wenn Österreich an einer eigenständigen Obstproduktion etwas liegt – und davon kann ausgegangen werden –, dann muss ein Weg gefunden werden, dass das effizienteste Mittel ausnahmsweise mal zum Einsatz kommt. Sonst bleibt dem Konsumenten nämlich nur mehr ein Ausweg: Der Biss in den Apfel eines Antibiotika-behandelten ausländischen Obstbaums. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.4.2008)