Wien – Das neue Lichtkonzept in Wien ist auch das erste, in dem technische und ästhetische Leitlinien festgelegt wurden. Planungsstadtrat Rudi Schicker (SP) stellte den "Masterplan Licht" am Dienstag im Museum für angewandte Kunst (MAK) in Wien vor. Ausgerechnet dort, wo Schickers Kritiker zur Ringstraßenbeleuchtung, MAK-Direktor Peter Noever, zu Hause ist. Zur Erinnerung: Noever wollte vor vier Jahren vor dem MAK am Stubenring eine Lichtskulptur des Aktionskünstlers Chris Burden aufstellen, als Lichtachse vor dem Museum. Schicker hatte Interesse bekundet, dann aber doch beschlossen, die Ringstraße einheitlich mit historischen beziehungsweise alt aussehenden Kandelabern auszuleuchten. Die Straßenlaternen namens "Bischofsstab" sind Repliken. Noever bezeichnete sie als "ästhetische Umweltverschmutzung". Der Streit wurde nie ganz beigelegt.

Heute zeigt sich Noever erfreut, dass Schicker sein Beleuchtungskonzept im MAK präsentiert, auch wenn er, was Stadtbeleuchtung betrifft, anderer Meinung bleibt. "Über den Masterplan Licht kann man jetzt diskutieren", sagt er. Das Ziel des neuen Konzeptes ist, mehr Sicherheit für die Verkehrsteilnehmer zu schaffen, objektive und subjektive Sicherheit zu gewährleisten sowie ökologisch und wirtschaftlich zu sein.

Leuchtenkatalog

In einem "Leuchtenkatalog" ist auch ein Angebot an zeitgemäßen Beleuchtungskörpern zusammengestellt. Alle in Wien verwendeten Leuchten (31) sind dort aufgelistet und sollen beispielsweise Architekten und Stadtplanern als Hilfestellung für die Leuchtenauswahl dienen. Dazu Susanne Letter, Leiterin der MA 33 (Stadtbeleuchtung): "Der Leuchtenkatalog soll für die kommenden zehn Jahre richtungsweisend sein." Im Drei-Jahres-Rhythmus sollen die Bestände einer Kontrolle unterzogen werden und gegebenenfalls auf den neuesten Stand gebracht werden. "Wenn in drei Jahren eine kostengünstige LED-Lampe für Straßenbeleuchtung entwickelt wird, dann wird das berücksichtigt", sagt Lettner.

Einheitliche Gestaltung

Im Leuchtenkatalog sind auch die umstrittenen Kandelaber enthalten. Sie werden nur in "ausgewählten Bereichen" eingesetzt. Wo man müsse, würden die Lampen nachgebaut, sagte Lettner. Doch ihr Innenleben werde dem Stand der Technik angepasst. Das Motto, das sich durch den Masterplan Licht ziehe, sei "Schluss mit kunterbunt", sagt Lettner. Peter Noever findet einen Masterplan Licht "positiv und wichtig". Eine einheitliche Gestaltung sei aber nur aus wirtschaftlichen Gründen eine Notwendigkeit, nicht aus gestalterischen. "Ich würde auf Unterschiedlichkeit setzen", sagte er.

Effiziente Ressourcen

Der Masterplan zur städtischen Illumination sieht vor allem vor, dass Ressourcen effizient eingesetzt werden. Zur Sparsamkeit gehört, dass die Lichter weniger Energie verbrauchen und kostengünstig zu warten sind. Und auch, dass sie nicht in den Himmel, sondern auf die Flächen, die zu beleuchten sind, gerichtet werden. Diese Maßnahme hat auch einen positiven Nebeneffekt für Astronomen: Sie werden durch künstliches Licht Richtung Sternenhimmel nicht irritiert und können ihn somit ungestört beobachten. Wichtige Faktoren seien auch die Einflüsse von Beleuchtung auf die Umwelt geworden. Die Entwickler des Masterplans schlagen vor, Streulicht durch Einsatz von integrierter Optik in den Leuchten zu reduzieren und damit das Verhalten nachtaktiver Tiere nicht zu stören.

Laut Masterplan sollen auch "Gender Maßnahmen" ergriffen werden. Besonders nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer, also Frauen, ältere Menschen, Kinder und Jugendliche, sollen sich in ausreichend beleuchteten Tunnels, Unterführungen und Parks sicher fühlen. In Wien gibt es insgesamt 151.000 Leuchten mit 243.000 Lampen. Unter die Zuständigkeit der MA 33 fallen auch die 1200 Ampelanlagen, genauso wie mehr als 200 öffentliche Effektbeleuchtungen.(Marijana Miljkovic/DER STANDARD-Printausgabe, 16.4.2008)