Hamburg, das Tor zur Welt. So bewirbt und schmückt sich die Hansestadt selbst, gilt sie doch wegen ihres großen Hafens und dessen Bedeutung für den deutschen Außenhandel als besonders weltoffen. Jetzt haben die Hamburger mit ihrer schwarz-grünen Koalition ein neues, ein politisches Tor, aufgemacht. Eines, das in Deutschland jahrzehntelang als unüberwindbar galt, weil sich auf beiden Seiten Gegner, manchmal sogar Feinde, gegenüberstanden. 23 Jahre nach der ersten rot-grünen Koalition (1985, Hessen) gibt es nun in Deutschland ein erstes schwarz-grünes Bündnis auf Landesebene. Und selbstverständlich hat diese Hamburger Premiere Signalkraft weit über die Stadt hinaus – auch wenn das manche noch nicht zu sagen wagen. Es ist ein Schritt zur Auflösung der politischen Blöcke in Deutschland und zu mehr Wettbewerb zwischen den Parteien.Eigentlich haben das ja auch schon alle Parteien erkannt: die CDU, die sich in Hamburg auf ausdrücklichen Wunsch von Kanzlerin Angela Merkel den Grünen näherte. Die Grünen, die wissen, dass sie noch lange in keine Regierung kommen, wenn sie sich alleine an die schwache SPD ketten. Die FDP, die sich jetzt sogar eine Ampel vorstellen kann und sich nicht mehr schon nahezu treudoof an die Union klammert. Sogar die SPD, die sich Richtung Linkspartei öffnete, dies allerdings so unglaublich ungeschickt anstellte, dass sie den politischen Mitbewerbern lediglich als schlechtes Beispiel dienen kann. Auf der rechten Seite Union und FDP, auf der linken Seite SPD und Grüne – diese Einteilung gilt nicht mehr, seit die Linkspartei in ein Parlament nach dem anderen hineinwirbelt und dort nicht nur die Arithmetik auf den Kopf stellt. Die neuen Spielregeln heißen: Entweder alle Parteien springen über ihren Schatten und gehen neue Bündnisse ein – oder in Deutschland regiert auf ewig eine ungeliebte große Koalition. (DER STANDARD, Printausgabe, 18.4.2008)