Berlin/Wien - Um Terrorverdächtigen auf die Spur zu kommen, sollen Wohnungen in Deutschland künftig mit Kameras ausgespäht werden. Bislang erlaubt das Gesetz nur den "Lauschangriff", also das Abhören mit Wanzen. Diesem allerdings hat das Verfassungsgericht enge Grenzen gesetzt. Nur bei Verdacht auf eine schwere Straftat ist Lauschen erlaubt. Die Mikrofone müssen abgeschaltet werden, wenn die Belauschten privat zu sprechen beginnen.

Doch auch das könnte sich bald ändern. Denn im von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) vorgelegten Gesetzesentwurf heißt es zunächst, dass Minikameras bis zu einem Monat in einer Wohnung installiert werden dürfen. So sollen die Fahnder besser einschätzen können, ob die Überwachten tatsächlich beten oder dies nur vorgeben und in Wirklichkeit Bomben bauen.

Verdacht auf Terror-Besuch

Das Bundeskriminalamt (BKA) soll aber auch Wohnungen von "Otto Normalverbraucher" ausspähen dürfen - wenn es den Verdacht hat, dass dort mutmaßliche Terroristen öfter zu Besuch kommen. Und auch das Lauschen mit Wanzen wird nicht mehr so streng gefasst. Künftig sollen von Terrorverdächtigen alle Gespräche aufgezeichnet werden, auch die privaten. Scharfe Kritik kommt von der Opposition. "Das BKA braucht keine Ermächtigung für eine Peepshow in die Wohn- und Schlafzimmer der Menschen", sagt FDP-Innenexpertin Gisela Piltz. Auch in der SPD-Fraktion gibt es Vorbehalte.

Für die Online-Überwachung von Computern haben die Innenminister der Länder am Freitag grünes Licht gegeben. Das BKA bastelt nun schon eifrig am "Bundestrojaner" - einer Software also, mit der es sich via Internet in private Computer schleichen kann. Denn die Fahnder dürfen die Wohnung nicht betreten, um Abhörprogramme zu installieren.

Die Zustände in Österreich

In Österreich ist die Online-Fahndung noch nicht zugelassen. Experten des Justiz- und Innenministeriums äußerten in einer vor wenigen Tagen fertiggestellten Expertise verfassungsrechtliche Bedenken. Bisherige Ermächtigungen (etwa im Sicherheitspolizeigesetz) stellten keine Grundlage dar, amtliche Spähprogramme online auf privaten Computern zu installieren. Versteckte Mikrofone und Kameras (Späh- und Lauschangriff) zur Aufklärung eines schweren Verbrechens sind seit zehn Jahren zugelassen. Das Innenministerium drängt darauf, die Lizenz zum präventiven Lauschen und Spähen zu erhalten. (bau, simo, DER STANDARD, Printausgabe, 19.4.2008)