Ingo Natmessnig, Sprecher der Automobilimporteure in Österreich: "Nur belasten und kein alternatives Angebot stellen, das prangern wir an."

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Die Industrie sieht die Verunsicherung der Konsumenten erhöht, fordert Prämien für die Verschrottung alter Stinker - und plädiert auch für den Ausbau der Öffis, sagt Importeurssprecher Ingo Natmessnig. Nachgefragt hat Leo Szemeliker.

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STANDARD: Die Neuzulassungen gehen europaweit zurück. Warum?

Natmessnig: Im Moment wird der Autokäufer nur verunsichert.

STANDARD: Erwarten Sie neue Autosteuern - Marke "Klimaschutz"?

Natmessnig: Die Belastung der Autofahrer hat schon jenen Level erreicht, bei dem die Politiker spüren, dass es Widerstand gibt.

STANDARD: Was kann man dagegen haben, wenn die Österreicher über Steuern dazu gebracht werden sollen, sparsamere Autos zu kaufen?

Natmessnig: Der Aktionismus, in den die Politiker immer wieder verfallen, wenn irgendwas hochpoppt, führt aber nicht zu diesem Lenkungseffekten. Im Gegenteil. Vor drei Jahren hat man das Bonus-Malus-System für Dieselpartikelfilter eingeführt. Heute bildet sich die Politik ein, dass sie es erreicht hat, dass die meisten Dieselfahrzeuge, die in Österreich verkauft werden, einen Partikelfilter haben. Man kann nicht davon ausgehen, dass die Autoindustrie für das kleine Österreich Filter einbaut. Das war doch schon in Planung.

STANDARD: Spät war die Industrie aber schon dran, oder nicht?

Natmessnig: Verzögert hat sich die Sache durch die Kapazitäten der Zulieferer. Es ist um Monate gegangen.

STANDARD: Aber Aufgabe der Politik ist es doch zu steuern.

Natmessnig: Im gemeinsamen Markt Europa sollte die Besteuerung vereinheitlicht werden. Die Unterschiede führen zu Sondersituationen wie Tanktourismus in Österreich. Faktum ist, dass der Pkw nur für zehn Prozent des CO2-Ausstoßes verantwortlich ist, wenn man die neun Prozent des Tanktourismus abzieht.

STANDARD: Sie wären also für eine niedrigere Zulassungssteuer, aber für eine höhere Mineralölsteuer?

Natmessnig: Exakt. Bei uns wird heute der Kauf des Fahrzeuges mit der Normverbrauchsabgabe höher besteuert als die Nutzung. Deutschland hat keine NoVA, dafür ist der Sprit teurer. Die Gefahr ist, dass dann vielleicht die Betriebssteuern steigen, die Zulassungssteuern aber nicht reduziert werden.

STANDARD: Ab 1. Juli wird die NoVA für Spritfresser höher. Was ist daran so schlecht?

Natmessnig: Die NoVa ist eine Lenkungsabgabe und wird noch mit der CO2-Abgabe verschärft. Positiv - für die Finanz. Die Bilanz ist aber nicht transparent, es gibt keine schlüssigen Informationen, wohin das Geld fließt. Nur belasten und kein alternatives Angebot stellen, das prangern wir an. Wir sind als Autoindustrie d'accord damit, dass Geld für den öffentlichen Verkehr da sein muss.

STANDARD: Sie hätten auch gerne Verschrottungsprämien für alte Kübel.

Natmessnig: Wir fordern, den Bestand zu verjüngen. Es sollte Stützungsaktionen geben, wenn man alte gegen neue Autos tauscht. Ein Auto in den 70er-Jahren hat so viel ausgestoßen wie heute 100 Neuwagen. Die meisten Nutzer brauchen ihr Auto aus beruflichen Gründen, die denken ökonomisch. Die legen auch Fahrweisen an den Tag, die weniger Geld kosten. Durch übertriebene Lenkungsabgaben einen zusätzlichen Steuerungseffekt herauszuholen hat noch nie funktioniert. Wenn man ein paar SUV-Fahrer bestraft, bringt das der Umwelt nichts. Die mit viel Geld leisten sich's sowieso, genauso wie ihr Hallenbad oder ihre Jacht.

STANDARD: Das Ministerium wird antworten: Warum sollen wir das Geschäft der Autohändler mit öffentlichem Geld stimulieren?

Natmessnig: Natürlich sieht man ein Lächeln, wenn wir mit diesem Vorschlag kommen. Der ökologische Effekt ist aber eindeutig nachweisbar. Und auch der steuerliche, über die Mehrwertsteuer und NoVA. Außerdem muss nichts ausbezahlt werden, es geht um gezielte Steuernachlässe oder Investitionsfreibeträge. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19./20.4.2008)