Was sich schließlich zum Mittelpunkt des Papst-Besuches in den USA entwickelt hat, war ursprünglich gar nicht geplant: das Zusammentreffen Benedikts XVI. mit Männern und Frauen, die als Kinder von katholischen Priestern sexuell missbraucht worden waren. Eine Geste, die nicht geringgeschätzt werden sollte und die vielleicht für einige der Opfer von großer Bedeutung sein mag. Und die noch dazu in der öffentlichen Wahrnehmung bestens ankommt.

Schließlich hat das Oberhaupt der katholischen Kirche beinahe an jedem Tag seiner USA-Reise den sexuellen Missbrauch von Kindern durch Priester angesprochen. Keine Worte, sagte der Papst, könnten den Schmerz und das Leid beschreiben, die dieser Missbrauch verursacht habe.

Selbstverständlichkeit

Was nicht übersehen werden sollte: Die Entschuldigung bei den amerikanischen Missbrauchsopfern kommt sehr spät. Jahrelang hatte die Kirche in gewohnter Weise versucht, den Skandal zu vertuschen: Pädophile Priester wurden von ihren Vorgesetzten einfach in neue Gemeinden versetzt. Erst durch die Klagen gegen tausende Priester Ende der 90er-Jahre wurde der Skandal publik. Der Erzbischof von Boston freilich, der von den Missbrauchsfällen wusste und deswegen zurücktreten musste, erhielt neue Funktionen im Vatikan.

Anders als sein Vorgänger Johannes Paul II., in dessen Amtszeit der Missbrauchsskandal fiel und der sich weigerte, die Opfer zu empfangen, hat Benedikt XVI. aber offenbar erkannt, wie wichtig es ist, die Schuld - auch der Kirche als Institution - einzugestehen. Bleibt nur die Frage, ob sich dies, wie vom Vatikan angedeutet, auch in einer Änderung des Kirchenrechts niederschlagen wird. Es müsste eine Selbstverständlichkeit sein, Priester, die Kinder missbrauchen, sofort vom Dienst zu suspendieren. Ebenso wie jene, die dies zu vertuschen versuchen. (Bettina Fernsebner-Kokert/DER STANDARD, Printausgabe, 21.4.2008)