Der parlamentarische Untersuchungsausschuss bereitet sich derzeit auf die Beschäftigung mit Ermittlungspannen und Vertuschungsversuchen in der Causa Kampusch vor: "Und jetzt habe ich erfahren, dass ganze Aktenteile auf DVDs und CD-ROMs kopiert und an die Ausschussmitglieder verteilt worden sind, um ihnen die Arbeit zu erleichtern." Darunter auch der Aktenvermerk einer Polizistin nach dem Erstgespräch mit Natascha Kampusch im August 2006 und die Niederschrift nach Kampuschs Unterhaltung mit einem Arzt.
Einzelheiten aus diesen beiden Dokumenten tauchten, wie berichtet, vergangenen Freitag in der Wiener Gratiszeitung Heute auf - und kursieren seitdem, durch weitere Gerüchte aufgefettet, in österreichischen und deutschen Medien. "Was auf DVDs und CD-ROMs steht, ist mühelos verbreitbar. Dass eine Arbeitserleichterung für Abgeordnete wichtiger als die Wahrung der Interessen Frau Kampuschs genommen wurde, ist eine unglaubliche Verletzung der Persönlichkeitsrechte. Ein Schlag ins Gesicht des Opferschutzes", sagt Anwalt Ganzger, der dadurch "nicht unterstellen will, dass die "undichte Stelle" im und um den Ausschuss zu suchen ist, im STANDARD-Gespräch.
Pilz: "Unverzeihlich"
Nicht die Verbreitungsform der Akten im Ausschuss sei das Problem, sondern der Umstand, "dass uns aus dem Justizministerium überhaupt derart heikle Unterlagen übermittelt worden sind", reagiert der Grüne Peter Pilz auf die Vorwürfe. Vor Wochen schon sei man nach Gesprächen mit Ganzger übereingekommen, die Einvernahmeprotokolle nicht anzufordern, um Kampusch Belastungen zu ersparen: "Dass die Polizei-Notiz und jene über das Arztgespräch dennoch mitgeschickt wurden, konnte niemand wissen." Dass Kampusch jetzt derart geschadet worden ist, sei "unverzeihlich".
Ausschuss-Vorsitzender Peter Fichtenbauer (FPÖ) sieht das Problem "am ehesten bei der Parlamentsdirektion angesiedelt". Diese hätte die Aufgabe gehabt, "die von der Justiz übermittelten Akten auf problematische Inhalte hin zu sichten. Zudem seien die DVDs und CD-ROMs mit einem Kopierschutz versehen. "Wer Informationen weitergibt, weiß genau, dass er eine Indiskretion begeht."
Verhallte Appelle
Ganzger reicht das keineswegs. Nicht ohne Grund habe er schon vor Monaten die "Einsetzung eines Rechtsschutzbeauftragten für die Aktenweitergabe an U-Ausschüsse und -kommissionen gefordert", sagt er. Doch seine Appelle seien "ungehört verhallt".