Dass Microsoft recht massive Lobby-Arbeit für die Standardisierung des eigenen Dokumentformats Office Open XML betrieben hat, ist kein großes Geheimnis. Ein Umstand, der dem Unternehmen unlängst auch einmal mehr eine Untersuchung durch die EU-Kommission eingebracht hat.

Dokumentation

Die Standardisierung ist mittlerweile beschlossene Sache, die Aufregung rund um den Entstehungsprozess der dahinter stehenden Entscheidung will sich aber weiterhin nicht legen. So dokumentiert nun der ehemalige Vorsitzende des norwegischen ISO-Komitees den Ablauf der Sitzung, in der sich das regionale "Nein" in ein "Ja" verwandelt hat

Ablauf

In einem Blog-Posting beschreibt Steve Pepper die entscheidende Sitzung vom 28. März, deren Ablauf er selbst im Nachhinein als "surreal" bezeichnet. Bei dem Treffen seien rund 30 Personen anwesend gewesen, darunter auch drei Angestellte von "Standard Norway". Einer davon, der Vizepräsident der Organisation habe zu dem Zeitpunkt, als es um die Entscheidung zu OOXML die Leitung der Diskussion innegehabt, und diese Position nachhaltig zu Gunsten Microsofts ausgelegt.

Änderungen

So habe man zuerst mehrere Stunden damit verbracht die Kommentare zu Microsofts Änderungen seit der letzten Abstimmung im Herbst 2007 durchzugehen. Davon sei der klar überwiegende Teil nicht zufrieden mit den Anpassungen von Seiten des Softwareherstellers gewesen, etwas das klar in Richtung Aufrechterhaltung des norwegischen "Nein" zu Office Open XML gedeutet habe.

Regeln

An dieser Stelle hab der Vizepräsident von Standard Norway aber einfach die Regeln geändert. Nachdem er selbst seine Zufriedenheit mit den Änderungen zum Ausdruck gebracht hatte, hielt er - ohne weitere Diskussion - fest, dass offenbar kein Konsens herstellbar sei. Also reduzierte er die Gruppe derjenigen, die eine Mitsprache haben, auf sieben Personen, darunter auch die drei von Standard Norway und einer der größten Microsoft-Benutzer des Landes.

Reduktion

Da auch hier kein Konsens herstellbar war, entschied sich der Vizepräsident dazu die Entscheidung auf zwei Teilnehmer zu reduzieren, die allerdings ebenfalls unterschiedliche Meinungen. Schlussendlich traf der Vizepräsident von Standard Norway die Entscheidung selbst, ohne Abstimmung wären so 80 Prozent der ExpertInnen einfach ignoriert worden.

Konsequenzen

Ein Vorgang aus dem Pepper mittlerweile seine persönliche Konsequenz gezogen hat: Nach dreizehn Jahren hat er seinen Vorsitz bei der norwegischen ISO-Kommission zurückgelegt. (apo)