Bild nicht mehr verfügbar.

Allein über den Brenner rollen um eine Million mehr Lkw als über die gesamte Schweiz.

Foto: AP/Augstein

Bild nicht mehr verfügbar.

Grafik: APA
Die Transitflut durch Österreich hat sich laut einer Untersuchung des alternativen Verkehrsclubs Österreich (VCÖ) mit einem Plus von knapp drei Millionen Durchfahrten seit 1994 fast verdoppelt. Und: Mit 6,52 Millionen Lkws rollten viermal mehr schwere Brummer über die österreichischen Alpenpässe als durch die Schweiz.

Der VCÖ fordert angesichts dieser Entwicklung die Einrechnung externer Kosten des Straßenverkehrs in die Mautpreise. Dazu zählen die Emissionen oder die - schwer zu berechnenden - Gesundheitskosten (beispielsweise wegen Lärms).

***

Wien - Während der Verkehrsclub Österreich wegen des markanten Wachstums des Transitverkehrs neuerlich eine Erhöhung der Maut und eine Alpentransitbörse fordert, sieht Experte Sebastian Kummer in der Verteuerung der Straße kein geeignetes Rezept. Wie der Professor an der Wiener Wirtschaftsuniversität im Gespräch mit dem Standard erklärt, sei die "Leistungsverbesserung der Bahn die einzige Möglichkeit", um die Zuwächse der Lkws einzubremsen.

Verkehrsminister Werner Faymann hatte erst am Samstag erklärt, dass er sich eine Verdoppelung der kilometerabhängigen Maut auf 50 Cent je Kilometer wünsche. Kummer hält dem entgegen, dass weder die Einführung des Lkw-Road-Pricings noch der markante Anstieg der Dieselpreise etwas an der Zunahme des Schwerverkehrs geändert hätten. Er begründet das mit der niedrigen Preiselastizität der Nachfrage. Auf deutsch: Der Preis einer Ware beeinflusst die gekaufte Menge selbiger kaum.

Für den Logistik-Experten sind auch die Erwartungen an die neue EU-Wegekostenrichtlinie - sie regelt die Bepreisung des Lkw-Verkehrs - zu hoch geschraubt. Die Einbeziehung von Umwelt- und anderen Kosten werde lediglich zu einer Anhebung der Maut um circa ein Viertel führen. Die Brüsseler EU-Kommission will im Sommer eine Methode zur Berücksichtigung der externen Kosten vorlegen. Mit einer Beschlussfassung ist freilich nicht vor 2010 zu rechnen.

Für die schwache Performance des Güterverkehrs auf der Bahn gegenüber dem Lkw sei die Maut jedenfalls nicht Schuld. Der Grund dafür liege im ungenügenden Angebot, währen die Frächter ihre Effizienz dauernd steigerten. "Und das Theater bei der Bahn schadet mehr als die Maut", meint der Professor. Die Manager beschäftigten sich mehr mit ihrer Position als mit den Kunden, dazu komme die schädliche Diskussion und ständige Reorganisationen.

Der VCÖ befürwortet hingegen die von Faymann angestrebte Mauterhöhung und spricht sich zudem für eine Alpentransitbörse aus, an der alle Transitfahrten versteigert werden sollen. Der bahnfreundliche Club begründet das mit der Explosion der Fahrten durch die Alpen. Sie legten in Österreich seit 1994 laut VCÖ-Angaben um 81 Prozent oder 2,92 Millionen Durchfahrten zu. In der Schweiz, wo die Maut viel höher angesetzt ist, betrug die Steigerung im gleichen Zeitraum 280.000 Fahrten. Allein am Brenner lag der Zuwachs bei einer Million Fahrten. Wegen dieser Entwicklung rollten im Vorjahr 6,52 Lkw über Österreichs Alpenpässe, in der Schweiz waren 1,26 Millionen Transits.

Kummer räumt ein, dass am Brenner rund 30 Prozent Umwegverkehr aus der Schweiz registriert werde. Allerdings werde die Mautsteigerung der letzten Jahre überschätzt, weil sich auch die Tonnage der Lkws in der Eidgenossenschaft erhöht habe. (as, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.4.2008)