Belgrad - Wie serbische Medien am Montag berichten, sollen mehr als zwei Monate nach der einseitigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo von Serbien offenbar neue Gespräche zwischen Belgrad und Pristina bevor stehen. Die Gespräche drehen sich angeblich um die Klärung "praktischer Fragen" und sollen unter Vermittlung der UNO-Verwaltung im Kosovo (UNMIK) stattfinden.

UNO und EU unterstützten diese "neuen Ideen" über direkte oder indirekte Gespräche zwischen den Streitparteien, um die Verhältnisse im Kosovo zu klären, meldete die serbische Nachrichtenagentur Beta.

Pristina hatte am 17. Februar einseitig die Unabhängigkeit des Kosovo ausgerufen. Von Belgrad wurde sie nicht anerkannt. Laut Beta soll es bei der neuen Gesprächsrunde explizit nicht um die Frage des völkerrechtlichen Status des Kosovo gehen, die eine Mehrzahl der EU-Staaten als geklärt ansieht. Vielmehr solle die frühere Idee des EU-Kosovo-Verhandlers Wolfgang Ischinger aufgegriffen werden, wonach Belgrad und Pristina ein Abkommen nach dem Vorbild des deutsch-deutschen Grundlagenvertrags aus den 1970er Jahren ausverhandeln sollten, heißt es unter Berufung auf EU-Diplomatenkreise.

Die Bundesrepublik Deutschland (BRD) und die Deutsche Demokratische Republik (DDR) hatten mit dem Vertrag im Dezember 1972 ihre Beziehungen geregelt, ohne dass es zu einer völkerrechtlichen Anerkennung der DDR durch die BRD gekommen wäre.

Interesse an Lösungen

Sowohl Serbien als auch die kosovarischen Serben hätten ein großes Interesse an der Lösung der praktischen Fragen wie etwa der Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Firmen, aber auch der orthodoxen Kirche, meldete Beta. Durch die Vermittlerrolle der UNMIK solle der Eindruck vermieden werden, Belgrad werde bei den Gesprächen zu einer Anerkennung Pristinas gedrängt. Vielmehr sollen die Verhandlungen zur Beruhigung der derzeit gespannten Lage und der Lösung der Probleme im serbischen Nordteil des Kosovo beitragen. Die Serben erkennen die Unabhängigkeitserklärung nicht an und boykottieren auch die internationalen Institutionen wie die EU-Mission EULEX, denen sie vorwerfen, die Unabhängigkeit des Kosovo zu unterstützen.

Der serbische Kosovo-Minister Slobodan Samardzic sprach am Wochenende von "sensiblen technischen Vorbereitungen für den Beginn von Gesprächen" über den Vorschlag Belgrads, die UNO-Resolution 1244 "in den neu entstandenen Verhältnissen" im Kosovo umzusetzen. Belgrad sei bereit, die Befugnisse der UNMIK in den Bereichen Polizei, Justiz und Zoll anzuerkennen, doch könnten diese nach der Unabhängigkeitserklärung Pristinas "nur in Zusammenarbeit mit Serbien" exekutiert werden.

Am Dienstag Gespräche in Belgrad

Der stellvertretende UNO-Generalsekretär für Friedensmissionen, Jean-Marie Guehenno, soll am Dienstag zu Gesprächen nach Belgrad kommen, berichtete die serbische Tageszeitung "Danas". Dabei solle es um den erwarteten Wechsel an der UNMIK-Spitze gehen. Medien hatten zudem spekuliert, dass Guehenno die Vermittlerrolle zwischen Belgrad und Pristina übernehmen könnte. Dies wurde jedoch am New Yorker UNO-Sitz dementiert.

Die albanischsprachige kosovarische Tageszeitung "Zeri" berichtete am Montag von drei geheimen Treffen des Leiters des UNO-Büros in Belgrad, Richard Wilcox, mit Samardzic und Außenminister Vuk Jeremic. Dabei soll es um die Übertragung der UNMIK-Befugnisse auf die kosovarischen Institutionen in den Bereichen Polizei, Justiz, Zoll- und Transportwesen, Grenzkontrolle und Schutz von Kulturgut gegangen sein. "Zeri" sieht in den Gesprächen jedoch eine "für den Kosovo und seine Stabilität gefährliche Initiative". Wilcox bemühe sich um eine Einigung mit Belgrad noch vor der serbischen Parlamentswahl am 11. Mai. (APA)