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Kontrollieren die ÖBB-Führung (v. li.): Leopold Specht, Hermann Egger (Kelag), Eduard Saxinger, Horst Pöchhacker, Karl Sevelda (RZB), Herbert Kasser (Verkehrsministerium), Franz Rauch (Fruchtsäfte) und Maria Kubitschek (AK).

Fotos: APA, Reuters, Cremer, Hendrich, Corn, Fischer

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Grafik: APA
Der unter Druck stehende ÖBB-Chef Martin Huber kündigte am Montag seinen sofortigen Rückzug aus allen ÖBB-Organen an – und kommt damit allfälligen Anträgen auf Vertrauensentzug oder Abberufung zuvor.

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Wien – „Wenn ich jemanden im Vorstand nicht mehr haben will, brauch ich ihn auch nicht als Konsulenten.“ Vor der Sitzung des ÖBB-Holding-Aufsichtsrats äußerten sich Aufsichtsratsmitglieder skeptisch bis abfällig über die vom Präsidium mit Holding-Chef Martin Huber vereinbarten Modalitäten für die vorzeitige Auflösung von Hubers bis Ende Oktober 2009 laufenden Vorstandsvertrag.

Ändern werden Bedenken wie diese wohl nichts, denn Aufsichtsratspräsident Horst Pöchhacker und sein Stellvertreter Eduard Saxinger haben am Montag Fakten geschaffen. Mit seiner Demission kommt Huber allfälligen Anträgen auf Vertrauensentzug, Abberufung oder Widerruf seines Vorstandsmandats zuvor, er tritt sozusagen die Flucht nach vorn an. Via Aussendung teilte der 2004 bestellte und vom Rechnungshof wegen _diverser Verkäufe von ÖBB-Immobilien und mangelhafter Umsetzung der ÖBB-Strukturreform teils scharf kritisierte ÖBB-General mit, er habe das Präsidium des Aufsichtsrats informiert, dass er sich heute, Dienstag, aus allen Funktionen innerhalb des ÖBB-Konzerns zurückziehen werde. Der ehemalige Porr-Vorstandsdirektor begründet seinen Rücktritt damit, dass sich seine Vorstellungen zur weiteren Umsetzung des Restrukturierungsprozesses – insbesondere in den Bereichen Organisation und Personalmanagement – nicht mit der aktuellen Linie des Aufsichtsrats decken würden. Außerdem sei seine Arbeit von den „öffentlichen Diskussionen der vergangenen Wochen und Monate rund um die ÖBB und das Management stark belastet“ worden.

Ob und wie viel von Hubers bis Ende Oktober 2009 laufenden Vertrag ausbezahlt wird, ist geheim. Insider wollen wissen, dass die Abfindung bis zu 1,2 Millionen Euro betragen könnte, davon rund 500.000 Euro Grundgehalt, der Rest Pensions- und sonstige Zahlungen. Die kolportierte Konsulententätigkeit dürfte wieder vom Tisch sein. Beide Seiten seien bemüht, das zu verhindern, verlautet aus der ÖBB unter Hinweis auf Informationen, wonach Huber bereits ein Jobangebot habe, das jegliche Konsulententätigkeit unmöglich mache.

Wiewohl offensichtlich das Ziel der eilig ausgedealten Abgangsmodalitäten für den obersten Fahrdienstleiter – ausgestanden ist die Causa Spekulationsverluste damit nicht. Die Belegschaftsvertreter rund um Eisenbahngewerkschafts_chef Wilhelm Haberzettl drängen vor der Annahme von Hubers Rücktrittsgesuch auf Aufklärung der Causa Derivatgeschäfte. „Wir verlangen Information über die Empfehlungen des Rechtsgutachtens über die Verantwortlichkeiten des Kollegialgremiums Vorstand“, lässt Haberzettl wissen. Danach sei die Annahme von Hubers Rücktrittsgesuch immer noch möglich. „Alles andere kommt einer Vertuschung gleich.“

Damit ist klar: Finanzvorstand Erich Söllinger ist bei den im September 2005 am Aufsichtsrat vorbei durchgeführten Swap-Geschäften im Volumen von 612,9 Millionen Euro noch nicht aus dem Schneider. Zwar deutet vieles darauf hin, dass die Kapitalvertreter dem Polit-Deal zustimmen und Söllinger bis April 2009 bleiben und erst dann durch Personenverkehr-Vorstandsdirektor Josef Halbmayr ersetzt werden soll. Dass sie sich über die Bedenken der Arbeitnehmervertreter aber einfach hinwegsetzen, gilt aber auch nicht als in Stein gemeißelt.

Nur noch kurz dürfte dagegen die Verweildauer von Infra-Bau-Finanzvorstand Gilbert Trattner sein, er könnte bald spazierengehen. ÖBB-General-Vize Gustav Poschalko wird im September zurücktreten. (Luise Ungerboeck/DER STANDARD, Printausgabe, 22.4.2008)