Wien - "Wir brauchen keine Vermögenszuwachssteuer", sagte der Kapitalmarktbeauftragte der Bundesregierung, Richard Schenz, heute, Montag, im Club der Wirtschaftspublizisten. Diese Steuer schade dem Gedanken der Eigenvorsorge und der Aktienkultur. Außerdem sei die Abwicklung sehr aufwendig und könne nicht an die Banken überwälzt werden. "Wenn einer vorsorgt, warum soll er dann Steuern zahlen", so Schenz. Die Steuerreformkommission der Regierung ist heute erstmals zusammengetreten und wird bis Herbst ihr Konzept zur Steuerreform ausarbeiten.

Vorsorgegedanken

"Es wird eine niedrige staatliche Pension geben, und jeder, der in der Lage ist, sich ein kleines Vermögen anzusparen, sollte dies tun", betonte der Kapitalmarktbeauftragte. Von politischer Seite her sollte man den Vorsorgegedanken in der Bevölkerung stärken. In der dritten Versorgungssäule, der privaten Zukunftsvorsorge, seien bereits 1,2 Mio. Verträge abgeschlossen worden. Das verwaltete Vermögen belief sich 2007 auf 2,2 Mrd. Euro.

Die Steuer sei keineswegs dazu angetan, den Kapitalmarkt zu beleben. "Wir wollen doch mehr österreichische Beteiligungen an österreichischen Unternehmen oder ist es so, dass nur ausländische Fonds an den heimischen Firmen verdienen dürfen?", fragte Schenz in Richtung ÖGB und Arbeiterkammer. Aktien seien fraglos ein Risikokapital, aber die Dividenden seien ja sowieso bereits steuerlich erfasst.

Schenz schlug eine Verlängerung der Spekulationsfrist von einem auf drei bis fünf Jahre vor. "Je länger man die Aktie hält, desto geringer soll die Vermögenszuwachssteuer sein", plädierte er auch für eine degressive Besteuerung. Keineswegs steuerlich begünstigt werden sollen seiner Meinung nach die Aktienoptionen von Managern.

Steuerzufluss zu gering

Zudem sei der erwartete Steuerzufluss von 150 bis 300 Mio. Euro in Relation zu den Kosten im österreichischen Gesundheitswesen von 25 Mrd. Euro nicht sehr hoch. "Mir kann doch kein Mensch erzählen, dass ich im Gesundheitswesen nicht 1 Prozent einsparen kann" - wahrscheinlich sei sogar mehr zu finden, sagte der Kapitalmarktbeauftragte.

Die angedachte Vermögenszuwachssteuer treffe den oberen Mittelstand (13 bis 25 Prozent der Steuerzahler), der ohnehin bereits 80 bis 90 Prozent des Lohnsteueraufkommens trage. Es seien allerdings eine ganze Reihe von Ausnahmen angedacht - etwa für die "kleinen Häuslbauer". Noch sei alles unausgegoren - aber es werde nicht viel davon übrig bleiben, glaubt Schenz.

Wie berichtet pocht die SPÖ auf die Einführung einer Vermögenszuwachssteuer, die unter anderem die Gewinne aus Aktienspekulationen umfasst. Sie werden derzeit nur besteuert, wenn sie innerhalb einer einjährigen Spekulationsfrist anfallen. Auch die Streichung der steuerlichen Begünstigung von Stock Options für Manager steht am Programm der SPÖ.

Niessl für Entlastung bis zu vier Mrd. Euro

Für eine Entlastung der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen im Gesamtausmaß bis zu vier Mrd. Euro bei der kommenden Steuerreform spricht sich Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) aus. Er sei dabei "voll auf der Seite von Ferdinand Lacina (ehemaliger Finanzminister, Anm.)", erklärte Niessl heute, Montag, bei einer Pressekonferenz in Eisenstadt. Dass es zu einer entsprechenden Entlastung komme, sei auch "eine ganz große Forderung der Sozialdemokraten im Burgenland."

Der Druck am Arbeitsmarkt werde immer größer. Man müsse auch fragen, was die Menschen in den vergangenen sieben, acht Jahren an realem Lohnzuwachs gehabt hätten, so Niessl. Hohe Inflation, niedrige Lohnerhöhungen und teilweise Null-Lohnrunden beim Öffentlichen Dienst hätten dazu geführt, dass es "Einkommensverluste gegeben hat in Relation zur Kaufkraft. Dieser Missstand muss behoben werden."

Stummvoll: "Niemand will französisches Modell kopieren"

ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll hat am Montag betont, dass die Individualbesteuerung erhalten bleibt. Ihre Abschaffung sei in der ÖVP nie Thema gewesen, sagte Stummvoll gegenüber der APA. "Es geht darum, den Mehraufwand, den ein Steuerzahler mit Familie hat, steuerlich stärker zu berücksichtigen. Niemand in der ÖVP will das französische Splitting-Modell kopieren", betonte der VP-Abgeordnete.

Vizekanzler Wilhelm Molterer gehe mit dem "Familien-Splitting österreichischen Zuschnitts" den richtigen Weg. Geplant sei ein Mischsystem aus Freibeträgen, Absetzbeiträgen und der steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuung. Auch ÖVP-Vizeobfrau Elisabeth Zanon stellte sich hinter Molterer. "Niemand in der ÖVP will Frauen zurück an den Herd drängen, sondern im Sinne der Gleichberechtigung Frauen ein weiteres notwendiges Instrument zur qualitätsvollen Betreuung ihrer Kinder in die Hand geben", so Zanon in einer Aussendung. (APA)