101 Millionen Dollar Schadensersatz
Im Mittelpunkt steht die NDS Group, die Smartcards für Pay-TV-Anbieter wie DirecTV herstellt. Das Unternehmen ist eine Tochterfirma von Rupert Murdochs News Corporation. NDS wurde bereits 1997 beschuldigt, die Verschlüsselung des rivalisierenden Unternehmens NagraStar geknackt zu haben. NagraStar stellt ebenfalls Karten für Pay-TV-Services her. NDS soll Hacker angeheuert haben, um die Karten des Konkurrenten zu kopieren und anschließend an TV-Piraten zu verkaufen. NagraStar verlangt nun 101 Millionen US-Dollar Schadensersatz für Piraterie, die Verletzung des Kopierschutzes und unfairen Wettbewerb. Unter den Zeugen befinden sich auch Charlie Ergen, Gründer und CEO von NagraStars Mutterkonzern EchoStar, sowie NDS-Sicherheitschef Reuven Hazak, ehemals stellvertretender Leiter von Israels Innlandsgeheimdienst Shin Bet.
Rache für gehackte Karten
Den Gerichtsunterlagen zufolge hatten Beamte in Texas verdächtige Pakete von CD- und DVD-Playern abgefangen, in denen sie über 40.000 US-Dollar gefunden haben sollen. Derartige Pakete seien nahezu täglich von Kanada über Texas an einen Hacker in Kalifornien geschickt worden, der für NDS als Techniker gearbeitet haben soll. NDS soll demzufolge 1997 begonnen haben, seine Mitbewerber zu sabotieren, nachdem seine eigenen Zugangkarten geknackt worden waren. Das Unternehmen drohte wichtige Kunden wie DirecTV zu verlieren, das daraufhin mit illegal verkauften Pay-TV-Zugängen zu kämpfen hatte.
Ex-Geheimdienstler im NDS-Dunstkreis
Anstatt jedoch seine eigenen Sicherheitslücken zu stopfen soll NDS neben dem kalifornischen Hacker auch Piraten engagiert haben, um die Systeme der Konkurrenz zu knacken und Kopien der Zugangskarten in Umlauf zu bringen. Zudem sollen der ehemalige stellvertretende Chef des israelischen Geheimdienstes Shin Bet, Reuven Hazak, ein ehemaliger Offizier des U.S. Navy, ein früherer Beamte von Scotland Yard und ein Terrorist, der von NDS als Technikchef des israelischen Labors eingesetzt worden war, in den Fall und verwickelt sein. Laut EchoStar hätten diese Personen zentrale Rollen bei NDS' kriminellen Machenschaften gespielt.
Mysteriöser Selbstmord
Auch der deutsche Hacker "Tron", der 1998 Selbstmord begangen hatte, soll mit NDS in Kontakt gestanden haben. Der Konzern hatte behaupte, dass dem Deutschen ein Job angeboten worden sei, den er jedoch abgelehnt habe. Kurz vor seinem Tod habe er herausgefunden, wie die Chipkarten gehackt werden können, die für das deutsche Satelliten-Fernsehen genutzt werden. Obwohl sein Tod offiziell als Selbstmord deklariert worden war, habe es mehrere Hinweise auf ein Gewaltverbrechen gegeben.
Deal mit Canal Plus
NDS soll neben NagraStar auch den französischen Pay-TV-Sender Canal Plus sabotiert haben. Einer der von NDS engagierten Hacker habe damals eidesstattlich ausgesagt, dass er israelischen Mitarbeitern von NDS gezeigt habe, wie die Karten geknackt werden könnten. Der Konzern habe ihn daraufhin aufgefordert, den Karten-Code im Internet zu verbreiten. Das Verfahren sei jedoch 2002 gestoppt worden, nachdem der Mutterkonzern Vivendi Universal ein Abkommen mit der News Corporation abgeschlossen hatte.
Gestohlene Dokumente
Kurze Zeit später sei die Festplatte eines Laptops mit zahlreichen Dokumenten und E-Mails von NDS gestohlen worden. Laut NagraStar würden die Korrespondenzen die kriminellen Aktivitäten des Konzerns beweisen. NDS behauptete hingegen, dass es sich dabei um Fälschungen handle und bat, die Dokumente nicht als Beweise zuzulassen. Die Tochter der News Corporation wies alle Beschuldigungen von sich. Dass die EchoStar-Karten gehackt werden konnten, sei auf Mängel bei der Entwicklung zurückzuführen, so NDS in einem Statement gegenüber Wired.
Imageschäden befürchtet
Medien gehen davon aus, dass weder Angeklagte noch Kläger unversehrt aus dem Prozess gehen werden, der am 9. April in Santa Ana begonnen hat. Richter David O. Carter hatte sich zu Beginn der Verhandlungen besorgt darüber gezeigt, dass der Fall an den Zeugenaussagen bekannter Gesetzesbrecher hänge, die von beiden Seiten engagiert worden seien. Carter appellierte daher sowohl an Kläger als auch an Angeklagte, sich außergerichtlich zu einigen, um Imageschäden auf beiden Seiten zu vermeiden.
Keine Einigung in Sicht