Das Ablenkungsmanöver ist mehr als plump. Kaum war der Rausschmiss der einst zum Aufräumen (und Umfärben) in den roten ÖBB-Sumpf geschickten Vorstandsdirektoren Martin Huber und Erich Söllinger besiegelt, zieht die Volkspartei für die Staatsbahn ihre Uraltforderung "Privatisierung" aus der Mottenkiste.

Falls es Vizekanzler Wilhelm Molterer nicht bemerkt hat: Die ÖBB versinkt gerade im Chaos. Es geht drunter und drüber -, auch weil die Männer in der Chefetage von Österreichs größtem Verkehrsträger ihrer ureigensten Aufgabe schlicht nicht nachkamen. Sie waren mit Intrigen, Machtkämpfen und (privaten) Immobiliendeals beschäftigt.

Für einen Betrieb, in dem pro Jahr locker 4,5 Milliarden Euro an Steuergeldern verschwinden und der trotzdem mehr schlingert als geordnet auf Schiene fährt, auch nur an eine Privatisierung zu denken, ist eine Beleidigung für den Hausverstand. Anstatt die Aufklärung höchst aufklärungswürdiger Finanzveranlagungen und Liegenschaftsverkäufe zu veranlassen, sinniert der höchstselbst für die Milliardensubventionen zuständige Finanzminister über einen ÖBB-Verkauf.

Falls Molterer das Aufräumen in der Bahn anderen überlassen und ÖBB-Personenverkehr (mit seinen teils grindigen Services), oder Rail Cargo Austria (die einzige Cash-cow) verschenken will: Was einen Konzern mit zu vielen unkündbaren Beschäftigten an der Börse erwartet, hüpft die Telekom Austria eindrucksvoll vor. Sie braucht Staatshilfe.

In Wahrheit ist das alles Theater. Die gescheiterte ÖBB-Führung wurde mit mehr als einer Million Euro belohnt und das soll mit Geschwafel über Privatisierung übertüncht werden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.April 2008)