Vier Minister mussten gehen. Die bulgarische Regierung wurde nach Korruptionsvorwürfen und Skandalen über mutmaßliche Verbindungen zur Mafia nun strukturell und personell verändert. Das geschädigte Image soll bis zu den Wahlen 2009 repariert werden.

In den Schlüsselbereichen Inneres, Landwirtschaft, Verteidigung und Gesundheitswesen, in denen der Verdacht des Machtmissbrauchs und der Reformstagnation am größten ist, wurden die Ressortleiter gewechselt. Die Vizeministerposten wurden von 72 auf 59 und jene der Bezirkshauptmänner von 94 auf 70 verringert. Neu geschaffen wurde der Posten eines Vizeregierungschefs, dessen wichtigste Aufgabe die Überwachung der Vergabe von Geldern aus den EU-Fonds ist.

Die Bulgarische Sozialistische Partei (BSP), die größte Regierungspartei, sah sich zu den Umstrukturierungen gezwungen. Sie erfolgten ohnehin viel später, als die Koalitionspartner verlangten. Die BSP will ihre Stammwähler nicht enttäuschen und unbedingt die Legislaturperiode durchhalten. „Denn die Partei ist traumatisiert von den 1990er-Jahren, in denen sie ihre Macht aufgeben musste“, erklärt der Politikwissenschaftler Ognjan Mintschew. Premier Sergej Stanischew sei schwach, auch weil er im Schatten des Präsidenten stehe. Georgi Parwanow ist selbst Sozialist.

Knapp ein Jahr vor den Wahlen zeigt das kürzlich aktualisierte Regierungsprogramm einen klaren Kurswechsel in Richtung Sozialreformen. Das Budget, das jedes Jahr höhere Überschüsse verzeichnet, lässt das auch zu: Durch die Formel 12:10:8 übernimmt der Staat die größte Sozialversicherungsbürde. Für Arbeitgeber und besonders Arbeiter bedeutet das Erleichterungen. Auch junge Familien mit Kindern werden gefördert. Die großen Nutznießer der sozialen Maßnahmen sind jedoch die Pensionisten: Sie sollen eine Pensionserhöhung von 10,35 Prozent bekommen. Schließlich sind 43 Prozent der BSP-Anhänger Senioren.

Opposition im Aufwind

Viele sehen diese sozialen Maßnahmen als Ablenkungsmanöver von den kritischen Berichten aus Brüssel. Mintschew weist darauf hin, dass die BSP – wie heute jede linke Partei – zwischen den Forderungen der globalen liberalen Wirtschaft und ihrem Parteikonzept zerrissen werde. Die BSP steht auch unter scharfer Beobachtung der populärsten Oppositionspartei Gerb (Bürger für eine europäische Entwicklung Bulgariens). „Knapp ein Jahr vor den Wahlen ist die BSP ausgeblutet. Auch in der tiefsten Krise 1997 hatte sie mehr Unterstützung als jetzt“, meint Mintschew. (Diljana Lambrewa aus Sofia/DER STANDARD, Printausgabe, 24./25.5.2008)