Die vom französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy stark forcierte Mittelmeer-Union hat ehrgeizige Pläne. Eine Autobahn von Marokko bis Ägypten zählt ebenso dazu wie die ökologische Sanierung des Mittelmeers, skizzierte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner.

***

Die Mittelmeer-Union umfasst nach aktuellen Plänen alle 27 Mitgliedstaaten der EU, Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen, Ägypten, Jordanien, den Libanon, Syrien, Israel, die palästinensischen Gebiete, die Türkei, Albanien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro.

Alle zwei Jahre soll ein Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs gemeinsame Projekte und Ziele festlegen. Die Durchführung obliegt einem in Tunis, Alexandria oder Kairo angesiedelten Generalsekretariat, dessen Chef in der ersten Phase vermutlich aus einem Nicht-EU-Land kommen wird – sein Stellvertreter wird von der Union bestimmt.

Wichtige Fragen sind allerdings noch ungeklärt: Vor allem die Finanzierung von so großen Projekten wie einer Nordafrika-Autobahn oder gar der ökologischen Sanierung des Mittelmeers sind völlig offen, das Generalsekretariat müsse hier im privaten Sektor „Fundraising“ betreiben, heißt es im Kommissionsvorschlag, der von den Staats- und Regierungschefs der EU am Juni-Gipfel abgesegnet werden soll.

Unklar ist auch noch, wie die Zusammenarbeit in der Mittelmeer-Union zwischen Israel und den arabischen Staaten aussehen soll. Einige arabische Länder wie Syrien wollen an der Union dem Vernehmen nach nicht teilnehmen, wenn Israel einbezogen wird. Und auch aus Israel gibt es bis jetzt lediglich zurückhaltende Wortmeldungen. Gegründet werden soll die Union am EU-Sondergipfel in Paris am 13. Juli. Frankreich beansprucht die erste Präsidentschaft für sich. Nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon vermutlich zum Jahreswechsel 2008/2009 sollte dann der neue EU-Ratspräsident den Vorsitz übernehmen, zusammen mit jeweils einem Präsidenten aus einem Nicht-EU-Land.

Frankreich wollte die Mittelmeer-Union ursprünglich nur mit den Mittelmeer-Anrainerstaaten aus der EU und Afrika gründen, was am Widerstand Deutschlands und Großbritanniens scheiterte. Das Projekt soll der Türkei auch eine EU-Vollbeitritts-Alternative bieten, hofft man in Paris. (Michael Moravec aus Brüssel/DER STANDARD, Printausgabe, 21.5.2008)