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Noch weiß niemand so recht, was unter Semmering, Pfaffen- und Feistritzsattel drinnen ist und wann die Bohrungen für den Sondierstollen beginnen. Auch die Umweltprüfungen fehlen noch.

Foto: APA/Robert Jäger
Im Gegensatz zum Brennerbasistunnel werden die zwei Röhren durch den Semmering ohne geförderte Kredite aus Brüssel gebaut werden müssen. In Österreich gibt es die gesuchten Milliarden nicht einmal auf dem Papier.

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Wien – Den Basistunnel unter dem Semmering, der nach einer Grundsatzeinigung zwischen Verkehrsminister Werner Faymann und NÖ-Landeshauptmann Erwin Pröll auf neuer Trasse nun doch kommen soll, muss Österreich allein zahlen. Weil der Semmeringtunnel (SBT) im Gegensatz zum Brenner kein Projekt von europäischer Bedeutung sei, werde die Europäische Investitionsbank (EIB) ihn auch nicht mitfinanzieren, bestätigte deren Vizepräsident Matthias Kollatz-Ahnen auf Anfrage dem STANDARD.

In den 1990er-Jahren gab es Versuche seitens der Regierung, die Südbahnstrecke in die Liste der Transeuropäischen Netze (TEN) zu bringen – ohne Erfolg. Der Fall des Eisernen Vorhangs hat neue und billigere Möglichkeiten der Güterbeförderung auf der Schiene über Ungarn gebracht. Selbiges gilt übrigens für den Koralmtunnel, auch er muss ohne Geld aus Brüssel auskommen, weil er ein rein innerösterreichisches Projekt ist. Abseits von TEN-Projekten kann die EIB, die Hausbank der EU, auch Vorhaben von regionaler oder lokaler Bedeutung finanzieren, wenn diese in strukturschwachen Gebieten vorgesehen sind. Dazu zähle etwa der Westbalkan, sagte Kollatz-Ahnen.

Der EIB-Vizepräsident sicherte bei einem Wien-Aufenthalt am Montag zu, dass die EIB für Österreich abseits des Semmerings Darlehen in Höhe von rund einer Mrd. Euro pro Jahr vergeben will. Ein Schwerpunkt werde der Energiebereich sein.

Wo das Geld für den auf mindestens 2,6 Milliarden Euro Baukosten taxierten neuen SBT herkommen soll, blieb am Montag ebenso im Nebel wie die Gesamtkostenschätzung an sich. Beides findet sich in dem vom Ministerrat im Februar 2008 beschlossenen ÖBB-Rahmenplan für die Jahre 2008 bis 2013 nur in verhältnismäßig kleinen Dosen. Für Pilotstollen und Planungen sind bis dato heiße 70,6 Millionen Euro veranschlagt, für den eigentlichen Bau 262,9 Mio. Euro; davon 247,7 Mio. Euro freilich erst im Jahr 2013, also gegen Ende der nächsten Legislaturperiode. Richtig los geht es mit dem kreditfinanzierten Bau (für den die Republik haftet) erst ab 2014.

Ab diesem Jahr sind 1671,5 Millionen Euro zum Verbauen vorgesehen. Dass diese Kostenplanungen realistisch sind, bezweifeln Verkehrsexperten. Denn Bahntunnels haben laut Berechnungen der TU Wien durch die Bank um 45 Prozent mehr gekostet. Der 34,6 Kilometer lange, einröhrige Lötschbergtunnel in der Schweiz etwa hat unterm Strich 3,5 Milliarden Euro gekostet, das sind pro Kilometer umgerechnet 101 Mio. Euro (inklusive Zinsen auf Preisbasis 2007). Im Angebot zu Baubeginn war ein Tunnelkilometer nur auf 58 Mio. Euro taxiert worden.

Umgerechnet auf den Semmering-Tunnel, der nun aus Sicherheitsgründen zweiröhrig geplant ist, heißt das, dass mit den vom Verkehrsministerium genannten 2,6 Milliarden eher nicht das Auslangen zu finden sein wird.

ÖVP-Verkehrssprecher Helmut Kukacka, der das Lob für den SBT-Durchbruch für sich beansprucht, kümmert das nicht, er sieht die Finanzierung seit 2005 gesichert. (Günther Strobl, Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.4.2008)