Wien - Die Kollektivvertragsverhandlungen (KV) für die rund 42.000 Beschäftigten in der österreichischen Chemieindustrie sind gestern, Montag, auch nach der dritten Runde ohne Einigung abgebrochen worden. Ein neuer Verhandlungstermin wurde vorerst nicht vereinbart.

Trotz der guten wirtschaftlichen Ergebnisse der Chemischen Industrie im Jahr 2007 und einer dramatisch hohen Inflationsrate hätten die Arbeitgeber die Gewerkschaftsforderung nach 4 Prozent Lohn- und Gehaltserhöhung als "skandalös" zurückgewiesen, teilten die Gewerkschaft der Chemiearbeiter (GdC) und die Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus und Papier (GPA-DJP) heute in einer Aussendung mit.

Die Arbeitgeber hätten sogar die Organisationsfähigkeit der Gewerkschaften in Frage gestellt - "eine riskante Provokation, deren Auswirkungen die Verhandler auf Arbeitgeberseite zu verantworten haben", so die Gewerkschaftsvertreter Alfred Artmäuer (GdC) und Roman Krenn (GPA-DJP).

Betriebsräte-Versammlungen bei Lenzing und Semperit

Für morgen (30. April) haben die Gewerkschaften öffentliche Betriebsräte-Versammlungen vor den Betrieben der Verhandlungsführer der Arbeitgeber in Lenzing und bei der Semperit Wimpassing angekündigt. Nach Schätzung der Gewerkschafter werden sich dabei ab 11 Uhr rund 100 Betriebsräte verschiedener Unternehmen vor den Werkstoren der beiden Betriebe versammeln. Chemie-Fachverbandsobmann und Lenzing-Finanzvorstand Peter Untersperger spricht von "Erpressung". Dabei sei man bei den Verhandlungen zuletzt nicht mehr weit auseinander gelegen, sagte Untersperger am Dienstag im Gespräch mit der APA. "Wir haben der Gewerkschaft fast alles erfüllt."

Die Arbeitgeber hätten eine Erhöhung der Mindestlöhne um 3,75 Prozent plus eine Einmalzahlung von 50 Euro vorgeschlagen, das ergebe in Summe fast 3,9 Prozent. Bei den Istlöhnen bieten die Arbeitgeber eine Erhöhung um 3,5 Prozent sowie einmalig 50 Prozent an, in Summe 3,65 Prozent. "Das wären mit die höchsten Abschlüsse gewesen, die es heuer gegeben hätte", betonte Untersperger. "Das ist, was die Arbeitgeber maximal anbieten können. Jetzt liegt es an den Arbeitnehmern zu entscheiden." Chemie-Fachverbandsobmann und Lenzing-Finanzvorstand Peter Untersperger spricht von "Erpressung".

Das Argument der Gewerkschaften, wonach das Wirtschaftsjahr 2007 für die Chemieindustrie mit einem Produktionswachstum von 4,4 Prozent und einem Produktionswert von etwa 13 Mrd. Euro ein sehr gutes gewesen sei, versuchte der Fachverband der Chemischen Industrie (FCIO) heute Vormittag bei einem Pressegespräch in Wien zu relativieren. Ab dem 3. Quartal habe sich die Konjunktur mit einer Wachstumsrate von 2,1 Prozent merklich abgekühlt und sei bis Jahresende sogar ins Minus gesunken. Erste Prognosen für 2008 würden auf eine deutliche Abschwächung des Wachstums und einen spürbaren Rückgang der Auftragslage hinweisen. Vor allem die hohen Rohstoffpreise hätten der Chemiebranche zu schaffen gemacht, sagte Untersperger, der auf eine Trendumkehr ab dem zweiten Halbjahr 2009 hofft. (APA)