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Nützt es oder schadet es ihm? Der serbische Präsident Boris Tadic hat die Unterzeichnung des EU-Annäherungsabkommens (SAA) gegen den Widerstand des nationalkonservativen Premiers Vojislav Kostunica verteidigt.

Foto: AP/ Virginia Mayo

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Nach monatelangem Tauziehen unterzeichneten die EU-Außenminister am Dienstag in Luxemburg das EU-Annäherungsabkommen mit Serbien - den ersten Schritt für eine EU-Mitgliedschaft. Gegen den Willen des Premiers Kostunica setzte der serbische Vizepremier Bozidar Djelic (links) seine Unterschrift unter das Dokument.

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"Dieser Schritt kommt zu spät". Vedran Dzihic, Vortragender am Balkan-Lehrgang in Wien, wirft der Europäischen Union vor, in der Balkan-Politik viel zu zögerlich vorzugehen. Zwei Wochen vor den Neuwahlen in Serbien am 11. Mai hat die EU Serbien ein SAA-Abkommen zur Unterzeichnung vorgelegt. Nach offizieller Lesart soll dieser Schritt, der rechtlich keinerlei Auswirkungen hat, die proeuropäischen Kräfte in Serbien stärken und die bevorstehenden Wahlen positiv beeinflussen. "Vor fünf Jahren hätte man die positive Stimmung am Westbalkan nutzen sollen und etwa das Visaregime lockern können," ist Dzihic überzeugt. "Die Unterzeichnung des Abkommens zum jetzigen Zeitpunkt wird am Ausgang der Wahlen aber nicht viel ändern".

Schmutziger Wahlkampf

Milan Kosanovic, Leiter des Projektes "Belgrade NGO" ist ähnlicher Meinung. Er drückt allerdings die Hoffnung aus, dass bisher unentschlossene Wähler sich doch auf die Seite des demokratischen Lagers ziehen lassen. Noch könne er in Serbien selbst keine Veränderung in der öffentlichen Meinung feststellen. Die Befürchtung der proeuropäischen Kräfte, die Unterzeichnung könnte den radikalen Kräften zusätzliche Argumente in die Hände spielen, hält er aber für überzogen.

Tatsächlich hat die politische Rhetorik in den letzten Stunden im schmutzigsten Wahlkampf seit langem allerdings erneut an Schärfe zugenommen. Vom nationalkonservativen Lager des Premiers Vojislav Kostunica (DSS) wird Tadic als Verräter und Betrüger beschimpft, der durch seine Unterschrift die Unabhängigkeit Kosovos besiegelte. Sollte die Demokratischen Partei Serbiens die Parlamentswahl am 11. Mai gewinnen, lässt ein Sprecher ausrichten, werde die Unterzeichnung des Stabilisierungs- und Assoziierungsregierung sofort annulliert.

Der amtierende Chef der radikalen SRS, Tomislav Nikolic verglich die Staats- und Regierungsfunktionäre, die zur Unterzeichnung nach Luxemburg gereist waren, gar mit den Passagieren auf der Titanic, Tadic ist für ihn ein "Kumpel des Westens". Futter für die vorherrschende "antiwestliche Hysterie", Öl in das Feuer eines überreizten und zornigen Wahlkampfes.

Keine Annullierung

An eine Annullierung im Falle eines Wahlsieges Kostunicas glauben weder Kosanovic noch Dzihic. Schließlich bringe die Unterschrift keinerlei Rechtswirksamkeit mit sich, das Angebot sei "unverbindlich". Eine Ratifizierung des Abkommens wird die EU erst nach der Auslieferung des gesuchten Kriegsverbrechers Ratko Mladic zustimmen, das könne Kostunica nur recht sein.

Diese allgemeine "Unverbindlichkeit" der EU sei auch mit ein Grund dafür, meint Vedran Dzihic, dass die Offenheit der Serben hinsichtlich eines EU-Beitritts langsam aber stetig zurückgeht. Sollten die proeuropäischen Kräfte bei der bevorstehenden Wahl die Oberhand gewinnen, müsse sich die EU konkrete Maßnahmen überlegen, um den Menschen die Vorteile einer EU-Annäherung vor Augen zu führen. Zum Beispiel eine Lockerung des "Visaregimes".

Kein großer Kurswechsel

Aktuellen Umfragen der letzten Tage zufolge könnten die SRS Nikolics' und Kostunicas Demokratische Partei Serbiens (DSS) bei der Parlamentswahl die Mehrheit erringen. Die SRS liefert sich dabei ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der pro-westlichen Koalition von Tadic um den ersten Platz in der Wählergunst. Der Politologe Dzihic hofft auf einen Erfolg von Tadic. Zwar erwartet er keine große substanzielle Änderung im politischen Kurs Serbiens für demokratische Reformen sieht er aber unter Tadic größere Chancen. (mhe, derStandard.at/30.4.2008)