Kitty Cohen will den Kampf um Angestelltenrechte, den ihr Großvater vor dem Zweiten Weltkrieg geführt hat, fortsetzen. "Seine Ideen haben heute noch Relevanz."

Foto: Standard/Regine Hendrich
Wien - Kitty Cohen, die weißhaarige Frau mit den intelligenten Augen und dem milden Lächeln, hält die Kopie des Buches in der Hand, das Julius Bermann 1932 geschrieben hat. Der Titel: "Die Freigewerkschaftliche Angestelltenbewegung in Österreich".

Der Gründer des Vereins kaufmännischer Angestellter und ehemalige Gemeinderat der Wiener Sozialdemokraten, Julius Bermann, ist Cohens Großvater. Am 1. Mai jährte sich sein 140. Geburtstag. Er wurde am 7. Jänner 1943 in Theresienstadt ermordet.

Seit einer Woche ist die 72-jährige Israelin Cohen in Wien und stellt Nachforschungen zu Bermann an. Den ersten Hinweis erhielt sie von ihren Kindern, die ihr zum 70er vor zwei Jahren das Buch schenkten. Sie hatten Bermann im Web-Lexikon der Wiener SP, http://dasrotewien.at, gefunden und das Buch in einem Online-Antiquariat gekauft. Die pensionierte Literaturprofessorin Kitty Cohen, die in Tel Aviv lebt, wollte das Buch ursprünglich für ihre Kinder und Enkel übersetzen. "Doch die Themen, die 1932 beschäftigten, haben auch heute für die Generation der Freelancer Relevanz, beispielsweise das Recht auf den Arbeitsplatz", sagt Cohen. "Mein Großvater war kein gewichtiger Politiker, aber er war ein wichtiger Aktivist."

Nun möchte Cohen, die 1938 mit ihren Eltern Karl und Gisela Bermann nach Jerusalem auswanderte, das Buch neu herausgeben - inklusive eines Kapitels, das die Bedeutung seines Werkes in den aktuellen Kontext stellt. "Ich möchte es den jüngeren Generation widmen", sagt sie. Derzeit ist sie noch auf der Suche nach einem Verlag.

An Julius Bermann erinnern heute eine Gedenktafel im Wiener Rathaus und das 1975 errichtete Wohnhaus in der Zirkusgasse 3-5 in der Leopoldstadt. Es wurde "Julius-Bermann-Hof" genannt. Dort lebte Bermann, bevor er nach dem "Anschluss" 1938 in eine Sammelwohnung und 1942 nach Theresienstadt gebracht wurde. (Marijana Miljkovic, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2. Mai 2008)