Die Journalistengewerkschaft hat anlässlich des Tags der Pressefreiheit darauf hingewiesen, dass es nicht nur in China Problemzonen gebe, sondern auch in westlichen Ländern. Die Pressefreiheit sei durch Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen gefährdet. Der Vorsitzende der Journalistengewerkschaft in der GPA/DJP, Franz C. Bauer, fordert in diesem Zusammenhang neuerlich die Ausnahme der Redaktionen von jeder Form der elektronischen Überwachung und eine Stärkung des Redaktionsgeheimnisses.

Defizite

Defizite ortet die Gewerkschaft auch in der inneren Pressefreiheit. Redaktionsstatuten und eine gesicherte wirtschaftliche Basis seien die Voraussetzungen für journalistische Unabhängigkeit, ohne die "Pressefreiheit" eine inhaltsleere Floskel bleibe. Allerdings warnt die Gewerkschaft auch vor einem Missbrauch der Pressefreiheit. "Unsere Freiheit endet bei den Rechten der Wehrlosen" mahnt Bauer.

Genauso, wie der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) und die Kultur- und Mediengewerkschaft KMSfB (Kunst, Medien, Sport, freie Berufe) machte in diesem Zusammenhang auch die Journalistengewerkschaft auf die jüngsten Medienereignisse in Österreich aufmerksam: "Die Berichterstattung im Fall Kampusch und zuletzt im Amstettener Inzestfall hat nicht nur die Grenzen des guten Geschmacks, sondern auch die Grenzen der Pressefreiheit überschritten", kritisiert Bauer. Kollegen, die durch die Veröffentlichung intimer Details oder von Bildern der Beteiligten aus billiger Sensationslust in die höchstpersönliche Sphäre von Verbrechensopfern eindringen, gefährdeten dadurch die Pressefreiheit, weil sie jenen, die längst wieder nach Zensurmaßnahmen schreien, die Argumente liefern.

Informaten- und Opferschutz bewahren

Der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) appellierte an alle Journalisten, die Pressefreiheit "hartnäckig zu verteidigen". Zu bewahren sei auch der Informanten- und der Opferschutz, "besonders in jenen Ländern, in denen eine freie Berichterstattung möglich ist". Zum Inzestfall in Amstetten meinte ÖJC-Präsident Fred Turnheim in einer Aussendung: "Ein humanistisch ausgeprägter kritischer und informativer Journalismus verlangt auch die Respektierung der Würde des Menschen, besonders des Schwachen."

Bei der KMSfB hieß es, die Pressefreiheit sei ein fundamentales Recht, das "Lebenselixier der Demokratie und zugleich ein Gradmesser für die Qualität jeder Staatsform". Es gebe jedoch keine Freiheit ohne Grenzen. Vizevorsitzender Michael Kress nahm dabei nicht nur die Medieninstitutionen, sondern auch den einzelnen Journalisten in die Verantwortung. Zum Thema Amstetten meinte er: "Noch mehr als hier die Wahrheit zu schreiben, gilt es, die Würde der Opfer zu respektieren. Ein wirklich guter Journalist spürt selbst, wo die Grenze ist, allen anderen hilft das Medienrecht." (APA)