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Der Sänger und Schauspieler Eason Chan macht Faxen bei der Fackelübernahme.

Foto: REUTERS/Claro Cortes IV
Nach der Tischtennis- und Panda-Diplomatie, die bei der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu den USA und zu Japan Wunder wirkten, versucht Peking nun durch die Musik Mozarts den internationalen Schaden durch die Tibet-Krise einzudämmen. Unter der Leitung des in Deutschland ausgebildeten Stardirigenten Yu Long gehen 160 Musiker des Pekinger Sinfonischen Orchesters zusammen mit dem Shanghaier Opernhaus-Chor an diesem Sonntag, 4. Mai, kurzfristig auf Konzertreise nach Rom, Venedig und Wien.

Erste Station ist am kommenden Mittwoch der Vatikan, zu dem China keine diplomatischen Beziehungen unterhält. Auf dem Programm im päpstlichen Auditorium steht Mozarts Requiem, eines der bedeutendsten Kompositionen der Kirchenmusik. Der erwartete Ehrengast ist natürlich Papst Benedikt XVI. In Wien machen die Musiker am 11. Mai Station.

Katholiken hoffen

Die Nachricht macht Chinas Katholiken, die in eine staatstreue Kirche und eine bislang verfolgte romtreue Untergrundkirche gespalten sind, Hoffnungen auf eine Überwindung des Schismas. Der Vizevorsitzende der offiziellen katholischen Patriotischen Vereinigung und kirchenpolitische Sprecher Liu Bainian begrüßte die musikalische Offensive, die von der staatlichen Radio- und Fernsehbehörde initiiert worden war.

Die Beziehungen Pekings zum Vatikan sind seit 1951 unterbrochen. Peking macht ihre Wiederaufnahme von einer Kündigung der diplomatischen Beziehungen des Vatikans zu Taiwan und von der so genannten Nichteinmischung des Papstes in die religiöse Selbstverwaltung der Staatskirche abhängig. Beim Hauptstreitpunkt der Bischofsernennungen zeichnet sich bereits seit einem Jahr eine Entspannung ab. Mehrere offiziell neu gewählte Bischöfe erhielten stillschweigend vorab den Segen des Papstes, so dass sie doppelt bestätigt sind. Seit dem Wahlsieg der Nationalpartei Kuomintang scheint auch die Taiwanfrage einfacher zu lösen. Möglich ist, dass der Vatikan in Kürze seine diplomatischen Beziehungen zu Taipeh beendet. Der oberste staatliche Religionsfunktionär Ye Xiaowen stellte dazu im Februar bei einem USA-Besuch die ersten Weichen, als er in Washington den dortigen Vatikan-Vertreter traf.

Eine Normalisierung der Beziehungen Chinas mit dem Vatikan und der Beginn einer kirchlichen Aussöhnung wären für Peking ein atmosphärischer Befreiungsschlag vor den Olympischen Spielen, der sich positiv auf die internationale Meinung auswirken würde, sagten diplomatische Beobachter in Peking. Auch der Papst hat immer wieder sein Interesse an verbesserten Beziehungen bekundet, um die Mission in China zu unterstützen und die religiösen Freiheiten für die Katholiken zu erweitern. Während die Olympische Fackel am Freitag in Hongkong und damit erstmals auf chinesischen Boden eintraf, reisten zwei Gesandte des Dalai Lama zu Gesprächen nach Peking. Dort ist, begleitet von neuen verbalen Angriffen auf das geistliche Oberhaupt der Tibeter, eine Propagandaausstellung eröffnet worden, die Pekings angebliche Leistungen bei der Entwicklung des Himalayagebiets rühmt. In Hongkong wurden 20 Personen festgenommen, die gegen die Zentralregierung protestierten. (Johnny Erling aus Peking, DER STANDARD, Printausgabe, 3.5.2008)