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Spar will das Diskontgeschäft nicht länger Hofer, Penny und Lidl überlassen und fährt mit einer neuen Billigmarke vor.

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Spar reagiert mit einer Billigmarke auf die Teuerung. Die Handelskette will sich ein Stück vom Diskont abschneiden und an Hofer verlorene Kunden zurückholen, sagen Experten. Die Industrie klagt über massiven Druck.

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Wien - Spar springt auf die Billigschiene auf. Der Lebensmittelkonzern hat zwar anders als sein Rivale Rewe keine eigene Diskontkette aufgebaut. Jetzt versucht die Gruppe aber mit einer neuen Eigenmarke sich ein Stück vom wachsenden Billiggeschäft abzuschneiden. Ziel sei, den Vormarsch der Lebensmitteldiskonter einzubremsen und an Hofer verlorene Kunden zurückzuholen, sind sich Experten einig.

Spar listet ab Donnerstag gut 45 Grundnahrungsmittel unter der Eigenmarke S-Budget. Bis Jahresende soll das Sortiment auf hundert Artikel bei Spar, Interspar und Eurospar ausgeweitet werden. Neben Österreich startet die Kette ihr Billigkonzept in Italien, Ungarn, Slowenien, Kroatien und Tschechien.

Dass die Marke auf Druck der Politik im Zuge der Debatte um die rasant steigenden Nahrungsmittelpreise entstanden ist, weist Spar-Chef Gerhard Drexel im Gespräch mit dem Standard entschieden zurück. Das brauche generalstabsmäßige Vorbereitung, Spar arbeite seit September daran, denn bereits damals habe sich die Verteuerung der Rohstoffe abgezeichnet. Die Billiglinie sei die Reaktion auf die Preisentwicklung. "Es geht um Bekämpfung von Inflation und Teuerung."

Der Kampf um Artikel rund um die Preiseinstiegslagen sei härter geworden, meint Peter Schnedlitz, Handelsexperte der Wiener Wirtschaftsuniversität. Er sieht jedoch die neue Marke vor allem als Waffe gegen die Diskonter. "Die strategische Stoßrichtung ist klar." Spar gehe es darum, Kunden zu binden und von Hofer zurückzugewinnen. 100 Produkte von insgesamt gut 8000 seien zwar nicht viel und würden den Diskonter nicht ernsthaft gefährden. In einzelnen Bereichen wie Teigwaren und Softdrinks könnten sie Hofer, Lidl und Penny aber durchaus schmerzen.

Lieferanten stöhnen jedenfalls. "Jede weitere Billigmarke ist eine Kampfansage gegen die Industrie", sagt Josef Domschitz vom Verband der Lebensmittelindustrie. Sie fördere den Konkurrenzkampf im Billigsegment, in dem ohnehin nichts mehr zu holen sei. In einer Phase der weltweit steigenden Rohstoffkosten passiere der Vorstoß zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt.

Spar lehnt sich mit S-Budget an die erfolgreiche Billiglinie der Migros-Kette in der Schweiz mit M-Budget an. Sie soll nicht als "Arme-Leute-Marke" positioniert werden, ist aus dem Konzern zu hören, vielmehr als "witzig und kultig". Der Werbeaufwand für Diskontmarken ist jedenfalls enorm, so Schnedlitz.

Spar hat 2007 den Umsatz seiner Eigenmarken um 13 Prozent erhöht. Weltweit wachsen Handelsmarken jährlich um fünf Prozent. In Österreichs Handel liegt ihr Anteil laut ACNielsen mit etwa 22 Prozent unter dem EU-Schnitt. Der Handel erreicht mit Eigenmarken mehr Unabhängigkeit von der Industrie, gibt Rezepturen vor, profitiert von transparenter Kostenkalkulation. Produzenten werden austauschbar, sagt Domschitz, der Billigstbieter bekomme den Zuschlag. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.5.2008)