Der Vorschlag der EU-Kommission zur Reform des Telekommunikationsmarktes wird im Europäischen Parlament zusehends verwässert. Bei einer ersten umfassenden Diskussion im Industrieausschuss des Parlaments stellte die Ausschussvorsitzende, die deutsche CSU-Europaabgeordnete Angelika Niebler, das Herzstück der Reform infrage. Sie wolle beantragen, die Möglichkeit zur organisatorischen Trennung des Verkaufs von Telekomdiensten von den Übertragungsnetzen komplett aus der Richtlinie zu streichen, sagte Niebler am Dienstag bei der Sitzung in Brüssel. Diese funktionale Trennung sei nicht notwendig.

Die Kommission will mit der Aufspaltung von Netzen und Diensten die Dominanz großer Telekommunikationsfirmen brechen. Die nationalen Regulierungsbehörden sollen dem Vorschlag zufolge eine Trennung anordnen können, um mehr Wettbewerb durchzusetzen. EU-Telekommunikationskommissarin Viviane Reding setzt darauf, dass große Anbieter dann einen Anreiz hätten, mehr kleinere Konkurrenten ihre Netze gegen Entgelt nutzen zu lassen. Konzerne wie die Deutsche Telekom und France Telecom lehnen dies ab und warnen, eine solche Regelung würde sie von Investitionen in die Netze abschrecken.

Ob Nieblers Antrag bei der ersten Abstimmung im Ausschuss am 16. Juni eine Chance hat, ist ungewiss. Die französische Sozialistin Catherine Trautmann, die als Berichterstatterin das Gesetz durchs Parlament lenkt, schlägt vor, die Trennung nach einer gründlichen Marktüberprüfung durch den nationalen Regulierer zu ermöglichen. Auch andere Abgeordnete forderten, klare Kriterien dafür festzulegen, unter welchen Umständen eine Aufspaltung angeordnet werden könne.

Zwei weitere wichtige Punkte der Reform will das Parlament abmildern. So soll die EU-Kommission bei einem Streit zwischen Kommission und nationalem Regulierer nicht per Veto das letzte Wort haben, sondern in ein Vermittlungsverfahren gehen. Auch die von Reding vorgeschlagene neue europäische Behörde für Telekommunikationsaufsicht soll es nach dem Willen der Parlamentarierer nicht geben. Stattdessen soll der bestehende Kreis der nationalen europäischen Telekom-Regulierer aufgewertet werden. Mehere EU-Länder, darunter auch Deutschland, und die nationalen Aufseher sind gegen die Gründung einer neuen Behörde, die rund 100 Mitarbeiter beschäftigen sollte. (reuters)