Hannover - Der Aufsichtsratschef des deutschen Reise- und Schifffahrtkonzerns TUI, Jürgen Krumnow, bleibt trotz heftigsten Widerspruchs einer bedeutenden Gruppe von Aktionären im Amt. Der mit knapp zwölf Prozent der Anteile größte TUI-Eigner John Fredriksen scheiterte auf der turbulenten Hauptversammlung des Reisekonzerns mit seinem Antrag zur Abwahl des obersten Aufsehers. 57 Prozent des vertretenen Kapitals sprachen Krumnow am Mittwoch ihr Vertrauen aus, der die von vielen Aktionären kritisierte Geschäftsstrategie von Firmenchef Michael Frenzel stützt. Damit hat auch Frenzel seinen Stuhl gerettet, der bei einem anderen Votum möglicherweise gewackelt hätte.

Trotz der Niederlage will Fredriksen die Flinte nicht ins Korn werfen. "Wir werden nicht aufgeben", sagte sein Vertrauter Tor Olav Troim. "Wir werden uns wiedersehen." Fredriksen selbst war aus gesundheitlichen Gründen nicht nach Hannover gekommen. Den von TUI angebotenen Stuhl im Aufsichtsrat will Fredriksen nicht annehmen. "Wir nehmen den Sitz nicht an, wenn Krumnow bleibt", sagte Troim. "Es ist unwahrscheinlich, dass wir unsere TUI-Anteile verkaufen - eher werden wir aufstocken und eine neue Abstimmung verlangen." Dazu könnte Fredriksen etwa eine außerordentliche Hauptversammlung fordern und dann auf eine größere Unterstützung hoffen. In der Hoffnung, sich doch noch durchzusetzen, hatte Fredriksen am Vortag noch den mit rund zehn Prozent zweitgrößten TUI-Aktionär, den Russen Alexej Mordaschow, bezüglich eines Erwerbs seiner Anteile gefragt. "Er hat aber abgelehnt", sagte Troim.

Auf dem Aktionärstreffen lieferten sich Konzernführung und streitlustige Aktionäre zuvor ein elfstündiges Wortgefecht. Die Präsenz erreichte mit knapp 72 (Vorjahr: 47) Prozent einen Rekordwert. Fredriksen forderte indirekt eine Abberufung von Vorstandschef Frenzel. "Ein Rücktritt von Frenzel wäre kein großer Verlust", sagte Troim. Bei dem Streit geht es unter anderem um die künftige Strategie des Konzens. Fredriksen hatte im Vorfeld zwei Aufsichtsratsitze gefordert, um die Verwendung der Erlöse aus dem - auf seinen Druck hin geplanten - Verkauf der weltweit fünftgrößten Container-Reederei Hapag-Lloyd zu überwachen. Analysten schätzen den Wert der Schifffahrttochter auf fünf Milliarden Euro.

Guter Start ins Jahr

Frenzel gab sich staatsmännisch und konnte die Aktionäre damit offenbar überzeugen. "Die personalisierte Diskussion ist aus meiner Sicht nicht im Interesse des Unternehmens", sagte er. Er verwies auf den Erfolg der Firma, die den Umsatz zum Jahresauftakt um ein Viertel auf gut fünf Milliarden Euro gesteigert hatte. Der Betriebsverlust ging um ein Fünftel auf 196 Millionen Euro zurück. "Mit dem ersten Quartal können wir durchaus zufrieden sein", resümierte er. Der Fredriksen-Sprecher unterstellte ihm, mit den Zahlen nur letzte Stimmen einfangen zu wollen. "Er versucht, Kaninchen aus dem Hut zu zaubern - allerdings hat er nur sehr wenige Kaninchen in seinem Hut", sagte Troim. Er interpretierte den Verlust, den der Konzern als saisonal bedingt bezeichnete, als weiteren Beleg für die schlechte Leistung des Konzerns.

Außerdem warf der Fredriksen-Vertraute der Konzernführung unfaire Praktiken im Kampf um ihren Machterhalt vor. "Sie haben Privatdetektive angeheuert, um uns Schmutz anzuhängen", sagte Troim. Der Vorstand habe Zeit und Unternehmensgelder verschwendet, um Fredriksen bei Investoren schlecht zu machen. TUI wies die Vorwürfe entschieden zurück. "Ich bedauere, dass wir diesen Dialog hier im Saal führen", sagte Frenzel an Troims Adresse. TUI habe sich stets dialogbereit gezeigt. Auch manche Kleinaktionäre klagten über "Wikinger-Methoden" des Norwegers. "Wir sind keine Unruhestifter, keine Hedgefonds, wir sind Mitaktionäre, die das Unternehmen bei der Schaffung von Wert unterstützen", versuchte Troim zu beschwichtigen. Besonders schwer bemängelte er die aus seiner Sicht ungeeignete Besetzung des Aufsichtsrats. "Man schafft keine Kontrolle in einem Unternehmen, wenn der Vorstand seine Kontrolleure selbst auswählt." (APA/Reuters)