Die Analyse und Verknüpfung von Daten aus den großen Kundendatenbeständen, um mehr über die eigene Klientel zu erfahren, weckt im Allgemeinen Unbehagen und birgt Konfliktpotenzial. Der Wirtschaft offenbart sich jedoch mit Analysemethoden des "Data Mining" ein neues Marketinginstrument. Ohne seine Anwendung "lassen die Unternehmen Geld liegen", meint Marcus Hudec vom Wiener E-Commerce Competence Center (EC3), Initiator der am Mittwoch in Wien zu Ende gehenden "4. Data Mining Konferenz".

Datenschürfen

Das Datenschürfen gilt als erfolgreiche Methode, um frühzeitig Markttrends, Zusammenhänge von Kundendaten sowie das Kundenverhalten zu erkennen. Mit Hilfe statistischer Verfahren werden dabei große Datenbestände auf Regelmäßigkeiten, Muster bzw. abweichende Auffälligkeiten durchleuchtet. Doch: "Data Mining ist im deutschen Sprachgebrauch eher negativ besetzt", so Hudec im Gespräch mit der APA. Jeder assoziiere mit dem Begriff "das Schnüffeln in Daten" sowie die "Privacy-Problematik". Von der wissenschaftlichen Seite sei aber Data Mining "eine moderne Form der statistischen Datenanalyse". So bevorzugt der auch am Institut für Scientific Computing der Universität Wien tätige Forscher auch den Begriff "prädiktive Analyse".

Es genügt nicht, reaktiv auf dem Markt zu sein

"Für ein Unternehmen ist es heute notwendig, zukunftsorientiert zu handeln. Es genügt nicht, reaktiv auf dem Markt zu sein. Man muss künftige Trends frühzeitig erkennen", so Hudec. Das gelte insbesondere für gesättigte Märkte, auf denen eine Vielzahl von Anbietern tätig ist, und "wo sich die Produkte immer schwieriger differenzieren lassen". So etwa für den Versicherungs- und Bankbereich wie auch bei den Telefonie-Anbietern. Hier sei es wichtig, "innovativere Geschäftsprozesse" zu entwickeln.

Auch wenn sich genaue Umsatzzahlen mit dem Data Mining Hudec zufolge nicht beziffern lassen: Laut einer Studie von Nucleus Research (2005) gibt es "bei 94 Prozent aller Projekte, wo Data Mining eingeführt wird, einen positiven Return of Investment, der sich bereits im Schnitt nach 10,7 Monaten einstellt", ergänzte EC3-Kollege Roland Kurzawa.

Mit der Entwicklung der Informationstechnologie in den Betrieben erfuhr auch das Data Mining einen Aufschwung. "Es werden immer mehr Daten von den Unternehmen aufgezeichnet", so Hudec. Diese Daten habe man zunächst primär für das Aufbereiten von Daten für Managementfunktionen verwendet. Nun nutze man sie vermehrt für Prognose-Modelle.

Neben dem Data Mining (Analyse strukturierter Daten) findet auch verbreitet das Text Mining (Analyse unstrukturierter Daten) Anwendung. So können laut Hudec etwa Inhalte von Websites mit "Text Mining-Algorithmen" durchforstet werden. Insbesondere Blogs und Foren bieten den Unternehmen neue Informationsquellen, um Kundenwünsche zu erheben. "Das ist für ein Unternehmen eine neue Dimension der Marktforschung, die sich hier eröffnet." So präsentierte etwa die Forschungsgesellschaft "Krems Research" auf der Tagung Entwicklungen, wie touristische Blogs und Foren zur Optimierung von touristischen Angeboten genutzt werden können. Ein österreichischer Motorradhersteller nutzt laut Hudec etwa Web-Foren über Motorräder, um die eigenen Produkte zu entwickeln und herauszufinden, "was die Community bei den Vergleichen von Motorrädern sagt".

"Web Link Analyse"

Jüngste Entwicklungen basieren auf der "Web Link Analyse", wo Beziehungen von Websites erhoben werden, sowie auf der sozialen Netzwerkanalyse: "Die ganze Statistik ist immer davon ausgegangen, dass alle Individuen unabhängig sind. Jetzt versucht man viel stärker, auch die Beziehungen zwischen den Individuen zu analysieren", meinte Hudec.

In den USA ortet Hudec eine breitere Akzeptanz gegenüber den Technologien rund um das Schürfen von Daten. Beim Einsatz von Data Mining sieht Hudec kein Problem, "solange die Unternehmen Daten aus ihrer eigenen Geschäftsbeziehung mit dem Kunden dazu verwenden, die Kundenansprache zu optimieren". Problematisch werde es, "wenn man Daten handelt". Der Datenhandel habe sich zwar in Mitteleuropa etabliert, "aber das hat mit Data Mining nichts zu tun".(APA)