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Israelische Jugendliche bei einer Performance während der offiziellen Zeremonie zum Nationalfeiertag am Mittwoch am Herzl-Berg in Jerusalem.

Foto: AP/Sebastian Scheiner

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Ein Israeli mit einer Brille in den blau-weißen Nationalfarben zur 60-Jahr-Feier.

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In Israel wurde der 60. Jahrestag der Staatsgründung mit einer Flugparade der israelischen Luftwaffe, vielen Straßenfesten und Grillpicknicken gefeiert. Den Palästinensern war nicht nach Feiern zumute.

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Dicht gedrängt stand gestern Mittag eine lang gezogene Menschenmasse auf der Strandpromenade von Tel Aviv, um die Flugparade der israelischen Luftwaffe zu bestaunen, und es schien unmöglich, irgendjemandem etwas Negatives zu entlocken: „An so einem Tag vergisst man alles, an so einem Tag muss man fröhlich sein“, sagten Ora und Sasson Meir, ein älteres Ehepaar aus der Vorstadt Bat-Jam, beinahe im Chor. Dass sie vielleicht enttäuscht oder besorgt wären, weil Israel noch immer keine friedlichen Verhältnisse kennt, das wollen sie zumindest nicht zugeben: „Wir hoffen, es wird alles noch besser – wenn wir es wollen und wenn auch die anderen es wollen, dann wird es Frieden geben.“

Die Freude an dem Ereignis, das als das Prunkstück der 60-Jahr-Feiern gedacht war, wurde am Schluss allerdings durch einen bösen Unfall verdorben. Der vorletzte von 18 Fallschirmspringern wurde in einer wilden Kurve zu der Zone hingetrieben, wo das Publikum stand, und touchierte mit den Füßen einige Köpfe, ehe er in den Sand krachte. Zwei Zuschauer wurden schwer, andere und auch der Springer leicht verletzt. Zuvor hatten die Formationsflüge der Luftakrobatik-Staffel perfekt geklappt, ebenso wie etwa die Demonstra_tion des Auftankens in der Luft oder die donnernden Kapriolen eines F-16-Kampfjets.

Nationalfeiertage, die an dem nach dem jüdischen Kalender gerechneten Jahrestag der Staatsgründung gefeiert werden, haben in Israel immer Volksfestcharakter, und wegen des runden Geburtstags wurde diesmal besonders viel geboten. Der Startschuss fiel wie üblich am Vorabend mit der offiziellen Zeremonie auf dem Herzl-Berg in Jerusalem. Danach wurde bis tief in die Nacht hinein getanzt und gesungen und gegessen, vor allem auf den Straßenfesten.

Eine fulminante Laser-Show, die über weiten Teilen des Landes den Himmel beleuchtete, konnte von geschätzten zwei Millionen Menschen gesehen werden, und man versuchte, über Schaltungen in alle Welt einen Weltrekord für die Zahl der Stimmen aufzustellen, die gleichzeitig eine Nationalhymne singen. In Haifa spielten gestern Militärkapellen aus zehn verschiedenen Ländern auf und überall pilgerten die Massen, mit Fahnen in den blau-weißen Nationalfarben, in die Parks und Wälder, weil ein Grillpicknick am Unabhängigkeitstag einfach dazu gehört. „Kein anderes Volk hat in 60 Jahren so etwas geschaffen“, sagte Staatspräsident Shimon Peres. „Das ist ein gewaltiger Erfolg, und ich bin so stolz auf unser Land.“

Freilich, auch an dem Jubeltag konnten die üblichen Probleme nicht ganz ausgeblendet werden. Den Palästinensern war nicht nach Feiern zumute, sie erinnerten durch einen Aufmarsch in Bethlehem daran, dass die Gründung des jüdischen Staates für sie die „Nakba“, die „Katastrophe“, bedeutet. Und Ehud Olmert sah dem Ende des Feiertags vielleicht mit Bangen entgegen, denn man erwartete, dass nun Details über einen neuerlichen Korruptionsverdacht gegen Israels Premier publik gemacht würden. (Ben Segenreich aus Tel Aviv/DER STANDARD, Printausgabe, 9.5.2008)