Open Solaris

Linux mag vielleicht das bekannteste Open Source-Betriebssystem sein - das einzige ist es aber beileibe nicht: Neben den diversen BSD-Varianten versuch Sun mit Open Solaris seit Mitte 2005 seine eigene Alternative in der Welt der freien Software basieren.

Unix

Während Linux streng genommen kein "echtes" Unix ist, kann dieses Prädikat für Open Solaris durchaus gelten: Hervorgegangen ist das Projekt schließlich aus Suns eigener Unix-Variante Solaris, die das Unternehmen bereits seit 1991 im Angebot hat.

Indiana

Nachdem sich der Öffnungsprozess anfänglich etwas zähflüssig gestaltet hat, hat Sun im März 2007 das "Projekt Indiana" ins Leben gerufen. Das Ziel: Unter der Ägide von Debian Gründer Ian Murdock soll ein Betriebssystem entstehen, das ähnlich leicht zu installieren - und zu benutzen - ist, wie eine aktuelle Linux-Distribution.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Ergebnis

Etwas mehr als ein Jahr später hat man nun das erste sichtbare Ergebnis dieser Bemühungen abgeliefert: Open Solaris 2008.5.

Download

Das System kann in Form einer Live-CD von der Seite des Projekts heruntergeladen werden, dabei gibt es nur einen einheitlichen Download. Der Open Solaris-Kernel erkennt automatisch ob er auf einem 32- oder 64-Bit x86-Rechner läuft.

Ausprobieren

Wie von Linux gewohnt, kann die Live-CD dazu genutzt werden, einfach mal gefahrlos in die Open Solaris-Welt hineinzuschnuppern, ohne gleich eine Installation vornehmen zu müssen. Der erste Boot gestaltet sich unauffällig, lediglich die Tastatur- und Spracheinstellungen müssen beim Start manuell angegeben werden.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Treiber

Praktisch ist die Entscheidung für eine Live-CD als Auslieferungsmedium auch deswegen, da Open Solaris bei der Hardwareunterstützung noch nicht mit aktuellen Linux-Systemen mithalten kann. Um zu überprüfen, ob alle Komponenten des eigenen Rechners auch problemlos funktionieren, hat man ein "Device Driver Utility" mit auf die CD gepackt.

Check

Mit diesem lässt sich schon vorab überprüfen, für welche Komponenten es einen Treiber gibt - oder auch nicht. In manchen Fällen kann dies gleich das vorzeitige Aus bedeuten, so wurde etwa auf einem Testrechner keine der beiden Netzwerkkarten erkannt. für den Alltagsbetrieb eher unerfreulich.

Infos

Bleibt zumindest die Hoffnung auf eine Verbesserung dieser Situation in der Zukunft - eine Perspektive an der man ein stückweit selbst mitarbeiten kann. So ist es möglich Informationen über die nicht unterstützte Hardware an das Projekt zu schicken, für die EntwicklerInnen wohl auch nützlich, um ihre Arbeit in diesem Bereich zu priorisieren.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Partition

Hat man sich dann dafür entschieden Open Solaris dauerhafter benutzen zu wollen, findet sich natürlich auch ein Installer auf der CD um das System auf die Festplatte zu bannen. Dieser setzt dabei vor allem auf die einfache Benutzung: Von einem fertigen Open Solaris-System trennen die BenutzerInnen nur einige mehr oder weniger simple Fragen.

Aufteilung

Der heikelste Teil davon ist zweifelsfrei die Plattenpartitionierung - ein Schritt, den Open Solaris möglichst einfach gestalten will. Dies ist zwar prinzipiell ganz gut gelungen, im Detail happert es dann bei den grundlegenden Fähigkeiten doch recht deutlich.

Ausgeblendet

Denn ein Umpartitionieren einer Platte lässt der Installer nicht zu, kein Wunder ignoriert er doch auch Linux-Partitionen konsequent. So bleibt nur die Wahl eine gesamte Festplatte frisch einzurichten oder zuvor manuell die Einrichtung einer eigenen Solaris-Partition mit einem anderen Tool (etwa fdisk) vorzunehmen. Diese sollte dann übrigens mindestens 7 GByte groß sein, so zumindest die offizielle Empfehlung.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Einfach

Die restlichen Installationsschritte gestalten sich vergleichsweise trivial. Neben der unvermeidlichen Weltkarte zur Auswahl der eigenen Zeitzone, müssen auch noch Spracheinstellungen angewählt werden. Angesichts dessen, dass man die letztere Angabe ja schon beim Booten getätigt hat, wohl ein Schritt, der sich noch wegoptimieren lassen würde.

Accounts

BenutzerInnen- und Root-Accounts wollen ebenfalls erstellt und mit Passwörtern versehen werden. Automatisch geht hingegen die Netzwerkkonfiguration: Mit Network Auto-Magic (NWAM) hat Open Solaris eine eigene Lösung zu diesem Zweck im Angebot.

Manuell

Diese funktioniert freilich nur, wenn ein DHCP-Server im lokalen Netzwerk aktiv ist. Ist dies nicht der Fall müssen die Netzwerkeinstellungen später dann im laufenden System manuell angepasst werden. Dies funktioniert wahlweise über die entsprechende Komponente der GNOME System Tools oder die Kommandozeile, NWAM muss jedoch zuvor deaktiviert werden.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Abwarten

Nach einer kurzen Übersicht über die getroffenen Entscheidungen kommt dann auch schon das Einspielen der Pakete. Und damit auch eine nicht zu geringe Wartepause.

Träg

Denn Open Solaris erweist sich in dieser Kategorie als eher träge, die meisten Linux-Distributionen gehen hier deutlich flotter zu Werke. Dies mag aber auch an den eher hohen Systemanforderungen von Open Solaris liegen.

RAM

Im Test zeigte sich, dass die Live-CD mit 512 MByte RAM nur äußerst zähflüssig zu benutzen war. Mit mehr Speicher verbesserte sich die Situation dann zunehmend, was auch die Installation beschleunigte. Ein Effekt, der sich später auch beim installierten System reproduzieren ließ: Ob das Starten von Anwendungen oder die Installation von zusätzlicher Software - alles funktionierte erst mit 768 MByte / 1 GByte so wie es wirklich sollte.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Simpel

Das Ziel, die Installation von Open Solaris möglichst einfach zu gestalten, kann aber trotz der kleineren Mängel (wenn wir mal wohlwollend über das rudimentäre Partionierungstool hinwegsehen) als durchaus erreicht werden. Wer schon einmal Ubuntu installiert hat, dem wird auch die Einrichtung des Open Source-Unix keine großen Probleme bereiten.

GRUB

Ein unerfreuliches Detail soll aber auch nicht ausgespart bleiben: Es gibt keine Möglichkeit die Installation des Bootloaders den eigenen Bedürfnissen anzupassen. Eine eventuell dafür bereits vorhandene Lösung wird ungefragt überschrieben, dies ist auch deswegen unangenehm, da keines der installierten Linux-Systeme zur GRUB-Auswahl hinzugefügt wird. Zumindest ein vorhandenes Windows wird aber korrekt eingefügt.

NVidia

Bevor wir einen genaueren Blick auf das Installationsergebnis werfen, sei hier noch eine Besonderheit der Open Solaris-Live-CD angemerkt: Bei Vorhandensein einer NVidia-Grafikkarte wird der proprietäre Treiber des Herstellers automatisch zum Einsatz gebracht.

Effekte

Dies hat zur Folge, dass sich die Desktop-Effekte des von Linux bekannten Window- / Compositing Managers Compiz schon hier austesten lassen. Jene, die einen ATI-Grafikchip in ihrem Rechner haben, haben hier übrigens deutlich schlechter Karten: AMD stellt derzeit keine (Open) Solaris-Version seiner proprietären Treiber bereit. Hier muss man mit den Open Source-Treibern Vorlieb nehmen, die (noch) nicht mit allen Karten die nötige 3D-Unterstützung bieten.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Desktop

Bei einem ersten Blick auf den Desktop von Open Solaris werden die meisten das System kaum von einer x-beliebigen Linux-Distribution unterscheiden können. Kein Wunder: Kommt doch hier auch zu weiten Teilen die gleiche Software zum Einsatz.

GNOME

Als Desktop-Umgebung setzt man auf den GNOME, auch wenn man mit der Version 2.20.2 nicht mehr ganz auf dem aktuellsten Stand (2.22.1) ist. Entgegen früheren Zeiten, in denen Sun mit dem "Java Desktop" versucht hat, einen speziell angepassten GNOME auszuliefern, verzichtet man mittlerweile - dankenswerterweise - auf solche Sperenzchen: Der Open Solaris-GNOME unterscheidet sich nur in wenigen Details von der offiziellen Ausgabe.

Auswahl

Auch die weitere Softwareausstattung wird für jene, die in der Open Source-Welt etwas bewandert sind, keine großen Überraschungen bereit halten: Als Webbrowser kommt der Firefox 2.0.0.14 zum Einsatz, für Mail-Aufgaben hat man sowohl den Thunderbird als auch den GNOME-eigenen Evolution aufs System gepackt.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Office

Um die Instant Messaging-Aufgaben kümmert sich der Pidgin, den Musik-Player gibt Rhythmbox, für Videos ist Totem zuständig. Auffällig hingegen, dass OpenOffice.org nicht von Haus aus installiert wird, immerhin ist Open Solaris-Initiator Sun auch bei der freien Office-Suite die treibende Kraft.

X

Der Grafikserver kommt auch hier von X.org, konkret wird die (nicht mehr ganz aktuelle) Version 1.3 des xorg-servers ausgeliefert. Dabei verzichtet man gänzlich auf die Einrichtung der gewohnten Konfigurationsdatei xorg.conf - die Einstellungen werden automatisch beim Start ermittelt.

Codecs und Co.

Java darf bei Open Solaris natürlich auch nicht fehlen, auch ein entsprechendes Plugin für den Firefox ist mit dabei. Apropos Browser: Flash wird nicht von Haus aus eingerichtet, kann aber nachinstalliert werden. Bei der Unterstützung für Multimedia-Codecs beschränkt man sich weitgehend auf freie Formate wie Ogg Vorbis oder FLAC, Support für das verbreitete MP3-Format muss hingegen manuell nachgerüstet werden.

Screenshot: Andreas Proschofsky

IPS

Zur Paketverwaltung setzt Open Solaris auf eine eigenen Lösung: Das Image Packaging System (IPS). Dazu passend ist bei Open Solaris 2008.5 auch ein grafisches Frontend zur (De-)Installation von Software enthalten.

Abwarten

Rein vom Äußerlichen her zeigt es sich als recht stark von dem Debian-Tool Synaptic inspiriert. Auffällig aber leider auch ein anderer Umstand: Die Performance lässt derzeit noch ziemlich zu wünschen übrig, das Aufspielen von Paketen erweist sich als eher langwieriger Akt.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Angebot

Direkt nach der Installation sind nur die offiziellen Server von opensolaris.org selbst als Softwarequelle eingestellt, wo sich das Angebot an zusätzlichen Programmen derzeit aber noch in Grenzen hält. Wer hier mehr will, muss also selbst zusätzliche Quellen eintragen.

Kommando

Ein grafisches Tool dafür gibt es derzeit allerdings noch nicht, also muss für diese Aufgabe auf die Kommandozeile zurückgegriffen werden. Ist dies erledigt kann die Software dann aber wie gewohnt über das grafische Tool installiert werden.

Extern

Als externe Quelle bietet sich vor allem Sunfreeware.com an. Ebenfalls jede Menge Open Solaris-Programme finden sich auf Blastwave, die Seite hat derzeit allerdings noch keinen IPS-Server laufen, die Installation der jeweiligen Pakete muss also manuell vorgenommen werden.

Screenshot: Andreas Proschofsky

ZFS

Kommen wir zu den Besonderheiten von Open Solaris, allen voran das "Super-Dateisystem" ZFS. Dieses bietet eine Fülle von Features, die mit herkömmlichen Dateisystem-Konzepten brechen und es von der Konkurrenz abheben.

Vorteile

So werden etwa physische Partitionen in einem "Pool" zusammengefasst. Darin können dann beliebig viele logische Partitionen angelegt werden, die dynamisch ihre Größe verändern können. Auch eine besonders hohe Performance und eine leichtere Administrierbarkeit verspricht Sun für ZFS. Nicht zu verachten wohl auch die maximale Dateigröße von 16 Exabyte, die sich durch die Auslegung als 128-Bit-Dateisystem ergibt.

Trace

Ebenfalls Open Solaris-spezifisch ist die Service Management Facility (SMF), die sich um den Systemstart kümmert, quasi das Pendant zu den Init-Skripten. Eine weitere Spezialität ist die Virtualisierung per Container sowie DTrace, eine Software mit der sich die Abläufe in einem Programm Schritt für Schritt nachvollziehen lassen.

unconfig

Nett auch die Möglichkeit per "sys-unconfig" in der Kommandozeile die Einstellungen eines Systems vollständig zurückzusetzen. Beim nächsten Boot wird die Konfiguration dann neu abgefragt, dabei geht man auch stärker ins Detail als bei der grafischen Installation zu Beginn.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Fazit

Auch wenn derzeit noch viele Ecken und Kanten an Open Solaris zu bemerken sind, so präsentiert sich das Ganze doch als eine durchaus interessante Betriebssystem-Alternative. Linux-BenutzerInnen werden sich anfänglich schnell zurecht finden, geht es dann mehr in die Tiefe ist dann freilich doch einiges anders / neu zu lernen.

Linux+

Allgemein kann man sich aber auch nicht des Eindrucks erwehren, dass Sun mit Open Solaris eine Art "Linux+" zu kreieren versucht. Heißt: Ein Linux-ähnliches System, das aber zusätzlich über einige exklusive Features verfügt.

Lizenz

Dass dies überhaupt als Konzept möglich ist, liegt an der Wahl der Lizenz für Open Solaris - und genau diese ist auch einer der größten Kritikpunkte an Suns Open Source Strategie. Denn die Eigenkreation CDDL ist inkompatibel mit der bei Linux vorherrschenden GPLv2. So profitert Open Solaris dann von einer Fülle von Programmen, die in der Linux-Welt entstehen, verhindert aber die Übernahme von ZFS und Co. in den Linux-Kernel.

Kontrolle

Ein weiterer Kritikpunkt an dem Projekt: Sun versucht auch Jahre nach der Code-Freigabe weiterhin eine recht strikte Kontrolle über das Open Solaris-Projekt auszuüben. Etwas, das vielen Open Source-EntwicklerInnen alles andere als behagt.

Wachstum

Bislang bewegt sich die Open Solaris-Community jedenfalls noch in deutlich überschaubaren Grenzen - mit der Entwicklungsgeschwindigkeit z.B. eines Linux Kernels kann man nicht annähernd mithalten. Ein Umstand, der sich wohl nicht zuletzt auch in der nicht mehr ganz aktuellen Softwareausstattung und den diversen Bugs / Unzulänglichkeiten (vor allem: fehlende Treiber) bemerkbar macht. Will man als Open-Source-Projekt weiter wachsen wird man an einer weiteren Öffnung nicht vorbekommen - ob Sun sich zu einer Abgabe der eigenen Dominanz entschließen kann, bleibt freilich abzuwarten. (Andreas Proschofsky)

Screenshot: Andreas Proschofsky