Journalistische Sorgfaltspflicht
Konkret bezieht sich Windhager auf jene Passagen, die Intimsphäre und Gesundheit der Kinder von Josef F. behandeln. Ein Mandant dürfe in eigenem Interesse jegliche Information weitergeben, bei einem Medium trete aber sofort die journalistische Sorgfaltspflicht ein. "Hier könnten die Opfer prüfen lassen, in welchem Ausmaß die Persönlichkeitsrechte verletzt wurden und Anspruch nach dem Mediengesetz geltend machen."
Aus Sicht des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages (ÖRAK) ist es legitim, dass Mayer eine Abschrift des Gespräches mit seinem Mandanten in dessen Einverständnis weitergibt, sagte ÖRAK-Präsident Gerhard Benn-Ibler. "Es handelt sich hier um einen so spektakulären Fall und es geht soviel durch die Zeitungen. Im Interesse einer vernünftigen Verteidigung ist es wichtig, die Situation so darzustellen, wie Josef F. das sieht." Sonst herrsche nur die Meinung der Öffentlichkeit und gegebenenfalls jene der Staatsanwaltschaft und Polizei vor, ist Benn-Ibler überzeugt. "Wenn man in der Öffentlichkeit den Prozess vorwegnimmt, muss dem Verteidiger sowie dem Beschuldigten die Möglichkeit gegeben werden, etwas zu sagen", erklärte der ÖRAK-Präsident. Den höchstpersönlichen Lebensbereich der Kinder von F. sieht der Rechtsanwalt durch die Aussagen nicht gefährdet. Prinzipiell müsse man in solchen Fällen aber schon vorsichtig sein, "die Interessen von Dritten dürfen nicht verletzt werden".
"Umgang mit Medien ist in spektakulären Strafverfahren ein wesentliches Verteidigungselement"
"Der Verteidiger soll und kann sich im Interesse des Mandanten mit dessen Einwilligung der Medien bedienen. Er hat sich dabei aber nicht in den Vordergrund zu stellen", zitierte er aus den Grundsätzen der Strafverteidigung der Rechtsanwaltskammer. "Der Umgang mit Medien ist insbesondere in spektakulären Strafverfahren ein wesentliches Verteidigungselement", so die ÖRAK. Die Grundsätze gehen aber noch weiter: "Es ist daher nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht des Verteidigers, einer einseitigen, insbesondere vorverurteilenden Berichterstattung entgegen zu wirken. Dabei kann es im Einzelfall auch erforderlich sein, aktiv an die Medien heranzutreten, das heißt, zu agieren statt nur zu reagieren."