Wien - Angesichts der Turbulenzen bei den Austrian Airlines (AUA) hat die SPÖ am Donnerstag eine Frontal-Attacke auf Konzernchef Alfred Ötsch und Aufsichtsratspräsident Peter Michaelis gestartet. SP-Rechnungshofsprecher Günther Kräuter machte die beiden Manager für das "Debakel" der vergangenen Tage verantwortlich und forderte von Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) Konsequenzen. Grüne, FPÖ und BZÖ wollen einen strategischen Partner für die AUA. ÖVP-Rechnungshofsprecher Hermann Gahr verteidigte die Fluglinie und führte ihre Probleme u.a. auf hohe Treibstoffpreise zurück.

"Debakel, Desaster und nach jüngsten Meldungen ist offenbar der Scheich El Jaber möglicherweise nicht liquid", hielt der SP-Abgeordnete Kräuter Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) die Bilanz der vergangenen Tage aus seiner Sicht vor. "Die Ursachen des Debakels haben zwei Namen", so Kräuter: Ötsch und Michaelis. Ersterer habe trotz zwölf Mio. Euro Beratungskosten und über 700.000 Euro Gage eine schlechte Performance geliefert, Michaelis lasse sowohl bei der AUA als auch bei der Post und der Telekom jedes strategische Denken vermissen.

ÖVP-Rechnungshofsprecher Hermann Gahr kritisierte die Aussagen Kräuters als "Gefährdung von Arbeitsplätzen". Die Probleme der AUA führte er auf den Wettbewerb im Luftfahrtmarkt und auf die gestiegenen Treibstoffpreise zurück.

"Hauptsache Privatisierung"

Grünen-Budgetsprecher Werner Kogler warf Michaelis, dem Chef der staatlichen Industrieholding ÖIAG, vor, außer von Privatisierungen nichts zu verstehen. "Es werden sogar für jene Privatisierungen Prämien bezahlt, wo es gelungen ist, dass man die Privatisierung zum Verlust macht. Hauptsache es wird privatisiert, koste es, was es wolle", kritisierte Kogler. Jetzt sei allerdings strategische Wirtschaftspolitik gefordert und kein "Staatsexorzismus". Für die AUA forderte er einen strategischen Partner und keinen Finanzinvestor.

Auch die FPÖ plädierte für eine strategische Partnerschaft mit einer größeren Airline. Damit könne die AUA Nieschenmärkte abdecken und müsse keine Angst haben, vom Partner geschluckt zu haben. "Es kann die Zukunft der AUA nicht von einem Scheich abhängen", sagte FP-Abgeordneter Norbert Hofer. Er plädierte außerdem für den Rückzug des Staates, der derzeit noch rund 43 Prozent hält, auf eine Sperrminorität. Auch BZÖ-Mann Josef Bucher hält die AUA allein nicht für lebensfähig. Mit einem strategischen Partner könne die AUA längerfristig abgesichert werden.

Anlass der Debatte war ein im Vorjahr vorgelegter Rechnungshof-Bericht zur Situation in den Austrian Airlines. Der Rechnungshof empfiehlt darin, den 2004 nach Streiks und langwierigen Verhandlungen erzielten Kollektivvertrag für das fliegende Personal "rasch" und "grundlegend" zu überarbeiten. Für eine "nachhaltigen Kostensenkung" seien noch "weitere Maßnahmen" notwendig. Außerdem empfehlen die Kontrolleure die Überprüfung des Streckennetzes und die Wiederaufnahme der Absicherungsgeschäfte für das Flugbenzin.

Molterer begrüßt Kapitalerhöhung

Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) hat die Kapitalerhöhung begrüßt und plädiert für die Eigenständigkeit der Fluglinie. Die Forderung der Opposition nach Hereinnahme eines strategischen Partners wies der Vizekanzler im Nationalrat zurück. "Stand-Alone" sei die "anstrebenswerteste Variante", sagte Molterer. Er sei froh darüber, dass das AUA-Management nun gemeinsam mit der ÖIAG eine derartige "Strategieperspektive" entwickle.

Molterer gestand ein, dass sich die AUA (ein "österreichisches wichtiges Paradeunternehmen") in einer "schwierigen Situation" befinde. Ausschlaggebend dafür seien neben dem Wettbewerb durch Billig-Airlines und den hohen Kerosinpreisen auch die Belastungen durch die Zusammenführung bzw. Integration von insgesamt drei Unternehmen (AUA, Tyrolean und Lauda Air, Anm.) sowie durch die "Personalstrukturen".

Auf der Suche nach der besten Strategie

Nun gehe es um die Frage, "welche Strategie ist die bestmögliche, um die Austrian Airlines als rot-weiß-rotes Unternehmen zu erhalten", so Molterer. Das sei eine "Schlüsselfrage" für den Wirtschaftsstandort Österreich. Die am Mittwoch beschlossene Kapitalerhöhung bezeichnete Molterer als "richtig".

Scharfe Kritik übte Molterer an Kräuter: "Durch Ihre Reden ist in der Austrian Airlines noch kein Schritt besser geworden, sondern Sie tragen dazu bei, dass das Unternehmen in die öffentliche Auslage kommt und ich mache da nicht mit", so der Finanzminister.

Außerdem verteidigte Molterer die Privatisierungsstrategie der Industrieholding ÖIAG. "Durch die Privatisierungserlöse ist die ÖIAG entschuldet worden und ist jetzt schuldenfrei", betonte der Finanzminister. Außerdem seien die verbliebenen Beteiligungen heute mehr wert als sämtliche ÖIAG-Unternehmen vor Beginn der Privatisierungen im Jahr 1994. Die Privatisierungen seien jedenfalls wirtschaftspolitisch sinnvoll gewesen, denn der Staat müsse weder Stahl noch Zigaretten herstellen, betonte Molterer.

Matznetter verteidigt ÖIAG

Zur Verteidigung der ÖIAG - auch gegen Kritik aus seiner eigenen Partei - ist am Donnerstag SP-Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter ausgerückt. Der SP-Abgeordnete Günther Kräuter hatte ÖIAG-Chef Peter Michaelis im Zusammenhang mit den AUA-Turbulenzen zuvor fehlendes strategisches Denken attestiert. Matznetter sieht in diesem Fall dagegen keinen Anlass zur Kritik an der Staatsholding: Die ÖIAG habe ihren Auftrag verstanden, "durch Gespräche mit Investoren eine vernünftige Weiterentwicklung herzustellen", lobte der SP-Politiker.

"In dieser Frage war bei der ÖIAG-Führung eher das Bemühen da, etwas zu tun und daher kein Anlass, das heute kritisch zu bewerten", sagte Matznetter. Er forderte die Verantwortlichen allerdings auf, die Airline aus den Schlagzeilen zu bringen. "Daher gehört die AUA in den nächsten Tagen und Wochen soweit stabilisiert, dass wir diese Negativnachrichten nicht mehr hören." Außerdem sei die Republik als AUA-Großaktionär natürlich an einem steigenden Aktienkurs interessiert.

Das Lob von Molterer für den Privatisierungskurs der vergangenen Jahre wies Matznetter zurück. Er verwies darauf, dass so manche privatisierte Staatsfirma von den neuen Eigentümern nur wenige Jahre später mit hohem Gewinn weiterverkauft worden sei. Der Staat solle daher lieber von den Wertsteigerungen seiner Beteiligungen profitieren und auf weitere Privatisierungen verzichten. Deshalb sei es "gut und vernünftig", dass im rot-schwarzen Regierungsprogramm kein weiterer Privatisierungsauftrag vorgesehen sei, betonte Matznetter. (APA)