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Den Überlebenden der Nargis-Katastrophe fehlt es am Nötigsten. Tonnen an Hilfsgütern stehen im Ausland bereit. Das Militärregime von Burma tut sich schwer damit, die Hilfe zu akzeptieren.

Reuters/STR

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APA/CIA
Das Flugzeug der Hilfsorganisation World Vision mit den dringend benötigten Wasseraufbereitungsanlagen steht am Internationalen Flughafen in Dubai. Eine Maschine der Organisation Save the Children wird gerade in Bangkok beladen. Auch eine US-amerikanische C-130 wartet auf die Starterlaubnis. Seit Stunden, wenn nicht gar seit Tagen könnten die Hilfslieferungen bei den Opfern des Wirbelsturms in Burma sein. "Wir wurden explizit von der Regierung eingeladen zu helfen", schildert die Mitarbeiterin einer großen deutschen Organisation die Lage. "Aber unsere internationalen Kollegen bekommen keinen Zugang zum Krisengebiet."

So ergeht es nicht nur vielen NGOs, sondern auch ausländischen Regierungsvertretern und der UNO. Doch das Regime zögert und windet sich, immer wieder tauchen neue bürokratische Hürden auf. Das Außenministeriums in Rangun erklärte am Freitag, Burma sei "nicht bereit" für Such- und Hilfsmannschaften aus dem Ausland. Die Erklärung wurde in einer staatlichen Zeitung veröffentlicht. Die Generäle stecken in einem Dilemma: Angesichts des Ausmaßes der Katastrophe mit möglicherweise über 100.000 Toten und Millionen notleidenden Menschen sind sie überfordert und müssen Hilfe von außen zulassen. Gleichzeitig fürchten sie die Öffnung des seit Jahrzehnten sorgfältig abgeschotteten Staates.

Regime will Kontrolle nicht abgeben

Der Machterhalt fällt schon im Inneren nicht immer leicht. Nur neun Monate ist es her, dass sich die Generäle mit massiven Protesten buddhistischer Mönche konfrontiert sahen. Tausende schlossen sich den Rufen nach mehr Demokratie an. Dennoch sind es fast nur Burmesen, die jetzt Hilfe vor Ort in den am schlimmsten betroffenen Gebieten in der Delta-Region leisten dürfen, wie Sarah Tyler, von Save the Children in Bangkok dem Standard erzählt. Das Krisenmanagement ausländischen Organisationen zu überlassen, hieße für das Regime auch, die Kontrolle abzugeben. Die Hilflosigkeit würde den Opfern plastisch vor Augen geführt, wenn die notwendige Hilfe in großem Maße von den Ausländern käme. Dazu passen auch Berichte, wonach die Junta internationale Hilfspakete umetikettiere, um es als eigene Produkte auszuweisen.

Fürchten müssen sich die Generäle auch vor den Bildern aus dem Katastrophengebiet, die um die Welt gehen könnten. "Das wären Bilder von Plünderungen und Seuchen", sagt eine deutsche Helferin. Ein Rettungschiff von der burmesischen Regierung sei in die Delta-Region geschickt worden. Zurückfahren konnte es angeblich nicht mehr, das Benzin ging aus. Das Ausland hofft, dass die Folgen des Wirbelsturms das Land auch politisch verändern werden. Die Versorgungsprobleme ergeben sich aber nicht nur aus dem Unwillen der Junta. John Virgoe von der International Crises Group, spricht von der "Ineffizienz und Inkompetenz" der Bürokratie, die zu langsam arbeite.

Junta umgehen

Das problematische Verhältnis zu den NGOs erklärt sich laut Virgoe aber auch aus der Kritik, die die humanitäre Organisationen in der Vergangenheit an dem seit über 40 Jahren herrschenden Regime geübt haben. Sie prangerten Menschenrechtsverletzungen und Autoritarismus an. Helfer sprechen von einem Dilemma: Die politische Situation in Burma mache sie zwar betroffen; wer kritisiere, gefährde aber die eigene Arbeit. Gerade jetzt erweist sich die Frage als schwierig, inwieweit NGOs mit dem Militär zusammenarbeiten sollen. Eine Organisation, die auf Anonymität besteht, verhandelt gerade mit dem Ministerium für Soziale Wohlfahrt und Wiederaufbau über die Modalitäten der Hilfe.

Das Militär will die Hilfsgüter selbst verteilen. Ein internationaler Code of Conduct untersagt dieses Vorgehen, gleichzeitig müssen die Organisationen mit der Regierung kooperieren. Wie umgeht man das Militär in einem Land, in dem eine Militärjunta regiert? Die Leidtragenden sind die Opfer des Zyklons, die umso länger auf Hilfe warten müssen. Für die Hilfsorganisationen heißt es weiter ausharren. Die Caritas Österreich wartet seit Tagen auf ein Visum für zwei ihrer Mitarbeiter. Doch jeden Tag müssen die Flüge der beiden neu reserviert werden, nichts geht weiter. "Es braucht Zeit, bis solche Regime aufweichen und Hilfe zulassen", sagt eine Sprecherin der Caritas. "Nur: Die Menschen vor Ort haben diese Zeit nicht."(Julia Raabe, András Szigetvari, red/DER STANDARD Printausgabe, 9.5.2008)