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Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 auf dem Berliner Opern-Platz

Foto: AP
Berlin - Deutschland hat am Freitag der Bücherverbrennung vom 10. Mai 1933 gedacht. "Wir erinnern uns heute mit Scham daran, dass vor 75 Jahren nicht nur hier in Berlin, sondern überall in Deutschland, Zehntausende applaudiert und gejubelt haben, als die Bücher von Erich Kästner, Sigmund Freud, Karl Marx, Kurt Tucholsky und vielen anderen von Studenten ins Feuer geworfen wurden", sagte Bundespräsident Horst Köhler auf der zentralen Gedenkveranstaltung in der Berliner Akademie der Künste.

In aller Öffentlichkeit habe sich ein "barbarischer Ungeist" entfaltet, der sich für das wahre Deutschland hielt, sagte Köhler vor rund 200 Gästen. Er wies darauf hin, dass dieses Ereignis kein zufälliges oder gar spontanes Spektakel gewesen sei, sondern eine lange und exakt geplante Vorgeschichte gehabt habe. "Es waren gerade auch Akademiker - Studenten und Professoren -, die gegen alles, was sie für undeutsch hielten, Propaganda machten." Die Bücherverbrennung sei keine staatliche Maßnahme, keine Aktion der SA oder der NSDAP gewesen. Veranstalter sei die Deutsche Studentenschaft gewesen.

Direktübertragung

Die quasi-religiöse Zeremonie mitten in der Nacht sei vom Deutschlandsender direkt übertragen worden. Das Ereignis habe also vor der denkbar größten Öffentlichkeit stattgefunden, sagte Köhler. So haben sich niemand mehr Illusionen darüber machen können, "wohin es mit Deutschland gekommen war und wohin es in Zukunft gehen würde".

Köhler sagte, es sei nur ein kleiner Schritt von der Ausgrenzung der Juden zur Verbrennung ihrer Bücher, und abermals ein kleiner Schritt von der Verbrennung der Bücher zur Verbrennung der Menschen gewesen. Und es habe kaum Widerstand gegen die Aktion gegeben.

Eine bleibende Aufgabe

Das Gedenken an die Bücherverbrennung erinnere auch an eine bleibende Aufgabe: "Den Schutz des Geistes und der Humanität", sagte Köhler. Deutschland sei zur "Exilheimat" von verfolgten und bedrohten Autoren aus aller Welt geworden. "Und das ist gut." Ebenso wichtig sei es, darauf Acht zu geben, "dass unser freiheitliches Land freiheitsliebend bleibt", sagte Köhler. Angriffe auf die Freiheit müssten zurückgewiesen werden. "Wer Bücher, wer Filme, wer Theateraufführungen, wer Karikaturen verbieten will, der ist auf dem falschen Weg." Jeder könne sich in Wort und Schrift gegen das wehren, was ihm nicht passe. Verbot und Unterdrückung aber zerstörten Freiheit und Humanität.

Die geschichtlichen Erfahrungen sollten genügend Ansporn sein, "mit den Mitteln, die wir haben, auch in anderen Teilen der Welt für die Freiheit zu werben", meinte Köhler. Von Generation zu Generation müsse immer neu an einer Zivilisation gearbeitet werden, "in der niemand wegen seines Glaubens, seiner Herkunft, seiner Überzeugungen ausgegrenzt oder verfolgt wird".

Die Gedenkveranstaltung, bei der Günter Lamprecht, Jutta Wachowiak, Volker Braun, Ingo Schulze und Herta Müller lasen, wurde von der Akademie der Künste, dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels, dem PEN-Zentrum und dem Verband deutscher Schriftsteller unter dem Titel "Literatur auf dem Scheiterhaufen - Der Geist im Feuer" organisiert. (APA/AP)