In aller Öffentlichkeit habe sich ein "barbarischer Ungeist" entfaltet, der sich für das wahre Deutschland hielt, sagte Köhler vor rund 200 Gästen. Er wies darauf hin, dass dieses Ereignis kein zufälliges oder gar spontanes Spektakel gewesen sei, sondern eine lange und exakt geplante Vorgeschichte gehabt habe. "Es waren gerade auch Akademiker - Studenten und Professoren -, die gegen alles, was sie für undeutsch hielten, Propaganda machten." Die Bücherverbrennung sei keine staatliche Maßnahme, keine Aktion der SA oder der NSDAP gewesen. Veranstalter sei die Deutsche Studentenschaft gewesen.
Direktübertragung
Die quasi-religiöse Zeremonie mitten in der Nacht sei vom Deutschlandsender direkt übertragen worden. Das Ereignis habe also vor der denkbar größten Öffentlichkeit stattgefunden, sagte Köhler. So haben sich niemand mehr Illusionen darüber machen können, "wohin es mit Deutschland gekommen war und wohin es in Zukunft gehen würde".
Köhler sagte, es sei nur ein kleiner Schritt von der Ausgrenzung der Juden zur Verbrennung ihrer Bücher, und abermals ein kleiner Schritt von der Verbrennung der Bücher zur Verbrennung der Menschen gewesen. Und es habe kaum Widerstand gegen die Aktion gegeben.
Eine bleibende Aufgabe
Das Gedenken an die Bücherverbrennung erinnere auch an eine bleibende Aufgabe: "Den Schutz des Geistes und der Humanität", sagte Köhler. Deutschland sei zur "Exilheimat" von verfolgten und bedrohten Autoren aus aller Welt geworden. "Und das ist gut." Ebenso wichtig sei es, darauf Acht zu geben, "dass unser freiheitliches Land freiheitsliebend bleibt", sagte Köhler. Angriffe auf die Freiheit müssten zurückgewiesen werden. "Wer Bücher, wer Filme, wer Theateraufführungen, wer Karikaturen verbieten will, der ist auf dem falschen Weg." Jeder könne sich in Wort und Schrift gegen das wehren, was ihm nicht passe. Verbot und Unterdrückung aber zerstörten Freiheit und Humanität.
Die geschichtlichen Erfahrungen sollten genügend Ansporn sein, "mit den Mitteln, die wir haben, auch in anderen Teilen der Welt für die Freiheit zu werben", meinte Köhler. Von Generation zu Generation müsse immer neu an einer Zivilisation gearbeitet werden, "in der niemand wegen seines Glaubens, seiner Herkunft, seiner Überzeugungen ausgegrenzt oder verfolgt wird".