Dass die Hisbollah zu Letzterem fähig ist, hat sie gezeigt: Am Freitag kontrollierte sie beinahe das ganze muslimische Beirut. Ihre militärische Überlegenheit steht außer Frage, dafür haben die Sponsoren im Iran und in Syrien gesorgt. Aber im Unterschied zu „früher“ – das heißt, den Jahren des Bürgerkriegs – ist der bewaffnete Konflikt noch scharf umgrenzt.
Die Viertel der – zwischen den Konfliktparteien geteilten – Christen blieben ruhig. Vor allem jedoch hält sich die konfessionell gemischte Armee heraus. Für sie ist es nach der Niederschlagung von Sunnitenextremisten in palästinensischen Lagern im Jahr 2007 – wo es jedoch um einen „äußeren“ Feind ging – wieder eine Stunde der Bewährung. Lässt sie sich nicht auseinanderdividieren, dann ist das eine Legitimation mehr für den Kompromisskandidaten fürs Präsidentenamt, Armeechef Michel Sleimane.
Denn wenn auch Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah in einer Pressekonferenz am Donnerstag von einem gegen die Hisbollah begonnenen „Krieg“ sprach (auch er wies den Bürgerkriegsvergleich zurück), ließ er die Möglichkeiten für eine politische Lösung offen und versicherte, keinen Putsch durchführen zu wollen. An diesem Scheideweg mag ja allen die Dringlichkeit eines Kompromisses umso mehr bewusst werden, denn dass im Libanon keine Gruppe stark genug ist, alle anderen auf Dauer niederzuringen, wissen alle.
Für diesen Kompromiss ist aber im Fall Libanon nicht nur die eigene Einsicht nötig, sondern die Kooperation der Kräfte von außen, die im (und aus dem) Libanon Stellvertreterkriege spielen. Interessanterweise sagte Nasrallah selbst bei der Pressekonferenz, dass Iraner (für die Hisbollah) und Saudis (für die Regierung Siniora) bereits miteinander Kontakt aufgenommen hätten, um die Krise nicht eskalieren zu lassen.