Nächtlicher Nervenschmerz
70 Prozent aller Karpaltunnelsyndrome verlaufen nach Lehrbuch. Erste Verdachtsmomente zeigen sich vorwiegend nachts, denn das Leitsymptom der häufigsten Nervenkompressionserkrankung ist die Brachialgia nocturna - der nächtliche Nervenschmerz. "Wir schlafen mit gebeugten Handgelenken und einem nicht ganz geschlossenen Fäustchen", erzählt Pachucki davon, wie sich nachts der Druck auf den Mittelarmnerven (Nervus medianus) um das drei bis zehnfache erhöht.
Handstellung und Schoppungsphänomen
Die Handstellung ist entscheidend und mit ihr das "Schoppungsphänomen". Anatomisches Wissen ist hier gefragt: Unter der Haut der Handgelenksinnenseite liegt der Karpaltunnel begraben. Acht Beugesehnen der Langfinger, die lange Daumenbeugesehne und der Nervus medianus verlaufen darin. Darüber zieht ein straffes Band (Ligamentum carpi transversum), darunter liegen die Handwurzelknochen. Von vornherein nicht wirklich geräumig, wird es mit Beugestellung der Hand in dem Tunnel noch enger.
Der Nervus medianus gleitet nicht mehr ungehindert unter dem Band durch. Beginnt er sich zu schoppen, ist an Durchschlafen nicht mehr zu denken. Schmerzen, Kribbeln und Taubheitsgefühle in den Fingern stören den Nachtschlaf. Händeschütteln und Faustschlussübungen lindern kurzfristig die Symptome.
Lagerungsschienen zur Ruhigstellung
Nachtlagerungsschienen sind eine Lösung. Das Handgelenk wird in neutraler Position fixiert, der Druck auf den Nerv lässt nach. Eine Einschränkung gibt es: Dauerlösung ist diese Ruhigstellung keine, jedoch eine gute Option, wenn die Ursache der Erkrankung bekannt und vorübergehend ist. Klassisches Beispiel dafür: Karpaltunnelsyndrome während der Schwangerschaft. Hormonell bedingt lagern viele schwangere Frauen Flüssigkeit im Gewebe ein, nicht selten auch im Karpalkanal. Mit dem Ende der Schwangerschaft verschwinde oft auch das Engpasssyndrom.
Ungeklärte Fälle
Nicht immer ist die Lage so klar. Wesentlich häufiger sind ungeklärte, sogenannte idiopathische Karpaltunnelsyndrome. Anlagebedingt enge Karpaltunnel, Folgen einer Überbeanspruchung oder chronischen Entzündungen werden als Ursachen diskutiert. Im Grunde ist es aber egal, denn tritt nach sechs Monaten keine Besserung der Beschwerden ein, dann wird in der Regel ohnehin operiert. "Ich kann den Nerv nicht erneuern. Ich kann ihm nur mehr Platz machen", erklärt Pachucki und warnt dringend vor ewigem Zuwarten.
Schäden durch "Zuwarten"
Nerven sind heikle Strukturen, ihr Regenerationspotential ist eher gering. Den Nervus medianus schädigt der jahrelange Druck daher irreversibel. Die Folgen für die Hände sind katastrophal. Sie verlieren ihr Feingefühl. Wird zum Beispiel das Knöpfeschließen bereits problematisch, dann ist eine fortgeschrittene Läsion nicht mehr auszuschließen.
Mögliche Operationsmethoden
Mehr Platz durch die Dekompression ist also das operative Ziel. Durch die Spaltung des Ligamentum transversum carpi wird dieser geschaffen. §Das Band muss bis auf die letzte Faser durchgeschnitten werden, erklärt der Experte und weiß, dass die Patienten weder mit einem Kraftverlust, noch mit einer anderen Funktionseinschränkung zu rechnen haben. Darüber welche Methode die beste ist, sind Handchirurgen allerdings uneins. Die Mini-Open-Technik und die Endoskopie sind harte Konkurrenten. Etabliert haben sich beide.
Heilungschancen