Bild nicht mehr verfügbar.

Menschen suchen unter den Trümmern nach Verschütteten

Foto. AP Photo/Xinhua, Chen Xie

Bild nicht mehr verfügbar.

Zerstörte Gebäude in Dujiangyan

Foto: Reuters/Cortes

Chinas Regierungschef Wen Jiabao gestand am Dienstag ein, dass die Lage "schlimmer" sei als zunächst erwartet. Die ersten Berichte am Montag hatten vier Tote und einige eingestürzte Häusern gemeldet. Am Dienstag stieg die Zahl der offiziell bestätigten Toten im Erdbebengebiet im Westen Chinas stündlich. Laut offiziellen Berichten waren zu Mittag schon über 12.000 Tote, vor allem in der Provinz Sichuan, zu beklagen. Am Dienstag hieß es dann, dass 20.000 Menschen getötet und Zehntausende unter den Trümmern ihrer Häuser verschüttet worden seien. Allein in der Stadt Mianyang lägen mehr als 18.000 Menschen unter Geröll begraben, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Die Stadt grenzt an den Kreis Wenchuan, in dem das Epizentrum des Bebens gelegen hatte. Die Rettungsarbeiten wurden durch schwere Stürme behindert.

Wen Jiabao rief die zur Rettung der Opfer eingesetzten Soldaten zur Eile auf. "Nicht eine Minute darf verschwendet werden." Jeder Augenblick zähle, um etwa das Leben eines Kindes zu retten, sagte Wen und befahl dem Militär, die zerstörten Straßen nach Wenchuan freizuräumen. Regen und schwere Wolken behinderten aber die Arbeiten. Militärhubschrauber konnten deshalb nicht landen. Für den Fall, dass das schlechte Wetter anhielte, wurde erwogen, Fallschirmjäger in das Katastrophengebiet abspringen zu lassen.

Soldaten haben unterdessen am Mittwoch die Suche nach Verschütteten in dem Katastrophengebiet fortgesetzt. Zehntausende Menschen, die durch das Beben das Dach über dem Kopf verloren haben, verbrachten die Nacht im Freien. Es wurde befürchtet, dass die Zahl der Toten am Mittwoch stark ansteigen würde, wenn mehr Verschüttete aus den Trümmern geborgen würden.

Mehrere Orte vollkommen zerstört

In der Region um das Epizentrum wurden nach offiziellen Angaben mehrere Orte vollkommen zerstört. In einigen Orten im Bezirk Wenchuan stehe kein einziges Haus mehr, sagte Armeekommandant Wang Yi nach einem Bericht der Website Sichuan Online vom Mittwoch. "Die Verluste sind erheblich", sagte der Militär, der mit seiner Einheit in die schwer zugängliche Region in der Unglücksprovinz Sichuan vorgerückt ist.

Leichen auf den Straßen In der Stadt Dujiangyan nahe der Provinzhauptstadt Chengdu zogen Helfer in der Nacht auf Dienstag lang Opfer aus den Trümmern von Häusern, Schulen, Fabriken und Krankenhäusern. Zwischen den zerstörten Gebäuden lagen Leichen auf den Straßen. Viele Bewohner suchten unter Zelten Schutz vor dem schweren Regen.

In einer Schule in der Stadt wurden rund 900 Kinder und Jugendliche unter den Trümmern einer Schule begraben. In den Überresten einer anderen Schule überlebten nach Angaben von Xinhua weniger als 100 von 420 Schülern.

"Die Rettung von Menschen hat oberste Priorität. Solange es die geringste Hoffnung gibt, werden wir versuchen, sie zu retten", sagte Wang Zhenyao, der im Ministerium für Katastrophenschutz für die Rettungsarbeiten verantwortlich ist. Nach seinen Worten gehe die größte Gefahr derzeit von den Schlammlawinen aus.

Schwere Nachbeben

Ein schweres Nachbeben mit der Stärke 6,3 nach Richter erschütterte am Dienstag die Provinzhauptstadt Chengdu. Menschen rannten in Panik auf die Straße, Rettungsarbeiten waren gefährdet. Experten sagten weitere Beben voraus. Das Beben hatte am Montag eine Stärke von 7,9 erreicht und war das schwerste seit 1976, bei dem in der Provinz Tangshan bis zu 300.000 Menschen getötet worden waren.

Auch Touristen sind unter den Opfern der Katastrophe in Westchina. Ein Erdrutsch begrub einen Reisebus in Maoxian und tötete 37 Insassen. Mehr als 2000 Touristen stecken in der Präfektur Aba fest. Wie viele Ausländer betroffen waren, ist unklar. Ersten Berichten zufolge sind keine Österreicher zu Schaden gekommen. "Wir haben keinerlei Hinweise darauf", sagte Außenamt-Sprecher Peter Launsky-Tieffenthal am Dienstag. Eine Person aus Österreich, die kurzfristig nicht zu erreichen gewesen ist, habe sich inzwischen bei den Behörden gemeldet, heißt es aus dem Außenamt.

Das chinesische Rote Kreuz bat in einem Spendenaufruf vor allem um finanzielle Unterstützung und um Blutspenden. Frisches Blut sei, so ein Sprecher der Hilfsorganisation, "das, was derzeit in der Krisenregion am dringendsten gebraucht wird". Die Regierung ordnete in der Region die Schließung von Kohlebergwerken, Ölförderanlagen und chemischen Fabriken an. Wie am Dienstag aus Firmenkreisen bekannt wurde, stellte PetroChina vorübergehend die Belieferung einer Pipeline im Katastrophengebiet ein, um die Leitung auf Schäden zu untersuchen. Die in Sichuan ansässigen Firmen Aostar Aluminium und Emeishan Aluminium rechnen wegen des Erdbebens mit Elektrizitäts- und Materialengpässen.

China nimmt UNO-Hilfe an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bot China Hilfe der Weltorganisation an. China begrüßte das Angebot und zeigte sich darüber tief bewegt. Der Sprecher des Außenministeriums, Qin Gang, bedankte sich am Dienstag vor der Presse in Peking für die angebotene Unterstützung. Chinas Regierung sei bereit, Kontakte mit internationalen Organisationen und betreffenden Ländern aufzunehmen, um die Hilfe zu koordinieren. Die europäische Union sowie die USA hatten bereits ihre Hilfe angeboten.

Zudem bat China Japan nach Angaben des Außenministeriums in Tokio um Hilfen im Wert von umgerechnet 3,1 Millionen Euro. Falls notwendig, werde sich sein Land weiter engagieren, sagte Minister Masahiko Komura. (Reuters, APA, kps, DER STANDARD Printausgabe3, 14.5.2008)