Freunderlwirtschaft auf Russisch: Der neue Premierminister Wladimir Putin hat seine engsten Mitarbeiter aus dem Kreml in die Regierung geholt. "Er hat die Leute mitgenommen, denen er vertraut", sagt Politologe Alexej Sidorenko vom Moskauer Carnegie Zentrum im Gespräch mit dem Standard.
Die bisherigen Leiter des Präsidentenapparats, Sergej Sobjanin und Igor Setschin, werden zu Putins Stellvertretern in der Regierung. Der einflussreiche Setschin, der Vizechef der Kremladministration und Aufsichtsratschef des größten russischen Ölkonzerns Rosneft war, gilt als der inoffizielle Anführer der mächtigen Geheimdienst- und Militärlobby Silowiki. Er soll als Vizepremier für die Modernisierung der Industrie zuständig sein. Die Posten des ersten Vizepremiers nehmen der bisherige Regierungschef Viktor Subkow und Igor Schuwalow, der russische G-8-Sherpa und Putins Wirtschaftsberater, ein. Dort verbleibt auch Sergej Iwanow.
An der Zusammenstellung der Regierung lässt sich laut Experten ablesen, dass der Kurs der vergangenen Jahre beibehalten bleibt. Die Schlüsselpositionen wurden kaum verändert. Hardliner Sergej Lawrow bleibt Außenminister, Antoli Serdjukow behält das Verteidigungsministerium und Reformer Alexej Kudrin leitet wie schon seit acht Jahren das Finanzministerium. Auch Innenminister Raschid Nurgalijew und Wirtschaftsministerin Elvira Nabiullina behalten ihre Posten. Der ehemalige Industrie- und Energieminister Viktor Christenko tritt an die Spitze des neu gegründeten Industrieministeriums. Die Energieagenden übernimmt Sergej Schmatko, der Präsident des staatliche Atomkraftwerkbauers Atomstrojexport. Seinen Posten räumen musste jedoch Justizminister Wladimir Ustinow, der als Generalstaatsanwalt bei der Zerschlagung des einst größten russischen Ölkonzerns Yukos maßgeblich mitwirkte. An seine Stelle tritt der Präsident Dmitri Medwedew nahestehende St. Petersburger Alexander Konowalow, der bisher als Kreml-Vertreter für die Wolga-Region tätig war. "Ich erwarte keinen Richtungswechsel, da die Regierung fast gleich bleibt", sagt Sidorenko vom Moskauer Carnegie Zentrum. Putin habe versucht, bei der Besetzung der Regierungsposten die Struktur der russischen Machteliten nachzubilden, um die Interessen der Reformer und Hardliner auszubalancieren.
Neuer Geheimdienstchef