Bild nicht mehr verfügbar.

Italiens Senatspräsident Renato Schifani kämpft mit Mafiavorwürfen.

Foto: AP/GREGORIO BORGIA
„Ich trage ihn im Herzen“, gestand der sizilianische Anwalt, zu dessen Geburtstag sein Mentor schon einmal nach Palermo jettet. In der Schule fiel der Sohn christdemokratischer Eltern vor allem als Streber auf – ein Image, das dem Brillenträger mit seinen biederen Krawatten bis heute anhaftet.

Das Studium der Rechtswissenschaften schloss Schifani mit Auszeichnung ab. Nach dem Untergang der Democrazia Cristiana leistete er 1994 auf der Insel Aufbauarbeit für Berlusconis neue Partei Forza Italia, auf deren Listen er prompt in den Senat gewählt wurde. Auf Schifani konnte sich Berlusconi blindlings verlassen. Schon bald wurde der diensteifrige Sizilianer mit dem Posten des Fraktionschefs belohnt. 2003 fiel er als Einbringer eines Gesetzes auf, das Berlusconi durch Gewährung vollständiger Immunität mehrere Prozesse ersparen sollte. Die nach ihm benannte Regelung wurde wenige Monate später vom Verfassungsgericht gekippt.

Als der zweifache Vater vor zwei Wochen ins zweithöchste Staatsamt gelangte, enthielt sich die Linke der Stimme. In seiner Antrittsrede ließ der Senatspräsident Ungewohntes vernehmen. Er präsentierte sich als „Mann des Dialogs“ und bedauerte die Abwesenheit der Kommunisten, auf die er jahrelang eingedroschen hatte.

Bis zum Wochenende durfte sich der Vasall, den Berlusconi als „idealen Wadelbeißer“ bezeichnete, im Glanze seines neuen Amtes sonnen. Dann sorgte eine Bemerkung eines Journalisten in einer Rai-Talkshow für ein böses Erwachen. Marco Travaglio, dessen Bücher in Italien hohe Auflagen erzielen, ist beim Establishment aller Couleur wegen seiner akribischen Kenntnis politischer Skandale gefürchtet. „Renatino“ – wie ihn seine Parteikollegen von der DC nannten – habe in Sizilien Umgang mit Mafiosi gepflegt, erklärte Travaglio.

Daraufhin ging ein politisches Donnerwetter über die Rai nieder. Schifani durfte die „infame Attacke“ in den Abendnachrichten live zurechtrücken. Denn zu dementieren gab es nichts. Er war Anfang der 1980er-Jahre Präsident der Firma Sicula Brokers, der mehrere Mafiosi angehörten. All das ist detailliert im 2007 erschienenen Buch „Die Komplizen“ des sizilianischen Journalisten Lirio Abate nachzulesen, der wegen zahlreicher Morddrohungen durch die Mafia unter Polizeischutz steht. Eine Verleumdungsanzeige hat der Autor nie erhalten. (Gerhard Mumelter, DER STANDARD, Printausgabe, 13.5.2008)