Das Studium der Rechtswissenschaften schloss Schifani mit Auszeichnung ab. Nach dem Untergang der Democrazia Cristiana leistete er 1994 auf der Insel Aufbauarbeit für Berlusconis neue Partei Forza Italia, auf deren Listen er prompt in den Senat gewählt wurde. Auf Schifani konnte sich Berlusconi blindlings verlassen. Schon bald wurde der diensteifrige Sizilianer mit dem Posten des Fraktionschefs belohnt. 2003 fiel er als Einbringer eines Gesetzes auf, das Berlusconi durch Gewährung vollständiger Immunität mehrere Prozesse ersparen sollte. Die nach ihm benannte Regelung wurde wenige Monate später vom Verfassungsgericht gekippt.
Als der zweifache Vater vor zwei Wochen ins zweithöchste Staatsamt gelangte, enthielt sich die Linke der Stimme. In seiner Antrittsrede ließ der Senatspräsident Ungewohntes vernehmen. Er präsentierte sich als „Mann des Dialogs“ und bedauerte die Abwesenheit der Kommunisten, auf die er jahrelang eingedroschen hatte.
Bis zum Wochenende durfte sich der Vasall, den Berlusconi als „idealen Wadelbeißer“ bezeichnete, im Glanze seines neuen Amtes sonnen. Dann sorgte eine Bemerkung eines Journalisten in einer Rai-Talkshow für ein böses Erwachen. Marco Travaglio, dessen Bücher in Italien hohe Auflagen erzielen, ist beim Establishment aller Couleur wegen seiner akribischen Kenntnis politischer Skandale gefürchtet. „Renatino“ – wie ihn seine Parteikollegen von der DC nannten – habe in Sizilien Umgang mit Mafiosi gepflegt, erklärte Travaglio.