Bild nicht mehr verfügbar.

Mirna Jukic holte im Brustschwimmen 18 Medaillen für Österreich. Im August geht sie in Peking auf Olympia-Spitzenplätze los.

Foto:AP
Standard: Sie sind 1999 als 13-Jährige mit Ihrem Vater von Zagreb nach Wien übersiedelt. Seit 2001 haben Sie 18 Medaillen für Österreich gewonnen. Das Land zeigt Sie gerne als Paradebeispiel für gelungene Integration her.

Jukic: Es war natürlich ein Glück, dass sich wichtige Leute für mich eingesetzt haben, dass ich nach einem Jahr schon die Staatsbürgerschaft erhalten habe. Aber ich habe mich auch schnell integriert, habe sehr schnell Deutsch gelernt, darauf bin ich stolz.

Standard: Fühlen Sie sich privilegiert, weil Ihr sportliches Talent die Einbürgerung beschleunigt hat?

Jukic: Es gibt halt etwas, das ich sehr gut kann. Und ich habe immer mein Bestes gegeben. Zu Beginn war es hart, mit 13 oder 14 fühlst du dich nicht wohl an einem neuen Ort. Viele lachen dich aus, wenn du sie nicht verstehen kannst. Die Sprache ist wichtig, Gott sei Dank bin ich da talentiert. Ich hab mich in der neuen Umgebung besonders bemüht, ich wollte mich integrieren, ich wollte beweisen, dass ich es verdient habe, hier zu sein.

Standard: Haben Sie den Fall der jungen Kosovarin Arigona verfolgt, deren Vater und vier Geschwister im Vorjahr nach sechs Jahren in Österreich abgeschoben wurden und die gemeinsam mit ihrer Mutter mit Schulschluss ebenfalls abgeschoben werden soll?

Jukic: Ich habe nicht verstanden, wieso die Familie wieder zurück muss und wieso das so gelaufen ist, ich verstehe es noch immer nicht. Manchmal passieren Dinge, die man nur schwer verstehen kann.

Standard: Sie stammen aus Vukovar, sind wegen des Kriegs nach Dubrovnik, später nach Zagreb übersiedelt und seit neun Jahren in Wien. Was bezeichnen Sie als Ihr Zuhause, Ihre Heimat?

Jukic: Ich habe nicht nur eine Heimat. Natürlich ist Wien eine Heimat, ich bin hier großgeworden, habe hier alles gelernt, was ich kann. Aber da, wo du herkommst, kommst du immer her, das ändert sich nicht. Ich freu mich, wenn ich nach Vukovar komme, meine Großeltern sind nach dem Krieg wieder dorthin zurückgegangen. Es ist schön dort, aber es ist auch furchtbar, weil es nie wieder so aussehen wird wie vor dem Krieg. Ich würde sagen, ich bin in Kroatien und Österreich daheim.

Standard: Kurz nach Ihnen ist auch Ihr zwei Jahre jüngerer Bruder Dinko nach Wien gekommen, auch er hat nach kurzer Zeit perfekt und fließend Deutsch gesprochen.

Jukic: Wir haben immer alle gebeten, uns auszubessern, wenn uns Fehler unterliefen. Dinko hat sowieso von Anfang an drauflosgeplappert. Wir haben auch unseren Vater ermutigt, Deutsch zu sprechen, nicht nur die paar Brocken, die er als Schwimmtrainer benötigt. Aber ältere Menschen haben es da etwas schwerer als Kinder.

Standard: Worauf führen Sie Ausländerfeindlichkeit in Wien, in Österreich zurück?

Jukic: Einige Menschen, die hier leben, werden immer ausländerfeindlich sein. Andere, die hierher kommen, wollen sich nicht anpassen. Das verstehe ich nicht, ich bin gegen jede Ghettobildung. Zwanzig Jahre in Wien zu leben und nicht Deutsch zu können, das ist eigentlich eine Frechheit. Ich war und bin für die Sprachtests vor der Einbürgerung. Eine neue Sprache zu lernen und sich zu integrieren heißt ja nicht, dass man seine Muttersprache aufgibt oder seine Kultur nicht mehr pflegt. (Fritz Neumann, DER STANDARD Printausgabe 13.05.2008)