Die Regierung hat sich am Dienstag mit den Sozialpartnern auf eine Gesundheitsreform zur Sanierung der Krankenkassen geeinigt. Die Ärzte müssen künftig jedem Patienten eine Quittung ausstellen und dürfen nur noch einen Wirkstoff verschreiben, der Apotheker sucht dann das günstigste Medikament aus. Zudem soll die von den Ärzten entschieden abgelehnte Möglichkeit von Einzelverträgen im Falle eines vertragslosen Zustandes kommen.
Da diese Maßnahmen nicht sofort greifen, bekommen die verschuldeten Krankenkassen vom Bund eine Überbrückungshilfe in der Höhe von 450 Millionen Euro.
Die Ärztekammer lehnt den Plan weiter ab und berät am Samstag bei einer außerordentlichen Sitzung der niedergelassenen Ärzte über Protestmaßnahmen. Wiederholt wurde bereits in den Raum gestellt, dass man das E-Card-System boykottieren könnte. Rote und schwarze Gewerkschafter lehnen wiederum den Plan ab, eine Holding mit Durchgriffsrecht auf die einzelnen Sozialversicherungsträger einzurichten und die Aufsicht des Bundes auszudehnen. Man brauche nur Maßnahmen gegen das Defizit einzelner Kassen und müsse nicht das "Sozialversicherungswesen komplett auf den Kopf stellen", sagte Beamtenchef Fritz Neugebauer zum STANDARD.
Neugebauer will das Papier erst im Parlament sehen, wenn es mit Ärzten und Ländern akkordiert ist. "Das ist das kleine Einmaleins der Politik." Alois Stöger (SP) von der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse will die Abgeordneten im Parlament von den Mängeln der Pläne überzeugen. Am Dienstag wurden bei einer finalen Verhandlungsrunde die letzten Details geklärt. Die Gesetzestexte wurden heute, Mittwoch, von Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (VP) und Sozialminister Erwin Buchinger (SP) vorgestellt und sind dann für nur zwei Wochen in Begutachtung. Noch vor dem Sommer soll ein Beschluss im Parlament fallen. Inhaltlich ist die Regierung im Wesentlichen den Vorschlägen von ÖGB und Wirtschaftskammer gefolgt. Änderungswünsche, die Kdolsky zuletzt angemeldet hatte, wurden gar nicht oder in abgeschwächter Form übernommen.
Diese Holding ist bei roten und schwarzen Gewerkschaftern weiter umstritten. Beamtenchef Fritz Neugebauer lehnt ein Durchgriffsrecht der Holding ab. Man brauche keine neuen Direktoren mit „Wahnsinnsgagen“, die dann „von Tuten und Blasen keine Ahnung“ hätten, sagte er zum STANDARD. Außerdem seien die Aufsichtsrechte des Bundes schon jetzt vorhanden, würden aber offenbar „nicht ausreichend wahrgenommen“. (Günther Oswald/DER STANDARD, Printausgabe, 14.5.2008)