Die Grünen orten ein "Patriarchensystem" in Niederösterreich, wie sich am Inzest-Fall in Amstetten ablesen lasse. Im Mittelpunkt stünden Bezirkshauptmann Hans-Heinz Lenze, der vom Land installierte Rechtsanwalt Christoph Herbst und nicht zuletzt Landeshauptmann Erwin Pröll, stellten Klubobfrau Madeleine Petrovic und LAbg. Helga Krismer am Dienstag in einem Pressegespräch fest.

Über dieses "Patriarchensystem" wollten die Grünen in der Sitzung des Landtags am Donnerstag reden, kündigten die Mandatarinnen an. "Wir wollen eine umfassende, in die Tiefe gehende und reifliche Prüfung." Es gehe dabei weder um Vorverurteilung noch um einen Persilschein für die Behörden.

Was Lenze betreffe, gebe es bisher keine Antwort, wie er sich "binnen Stunden" an die Medien wenden und feststellen habe können, dass "kein Behördenversagen" vorliege, so Krismer. Der Bezirkshauptmann gebe darüber hinaus "Interviews am laufenden Band" und gehe "angeblich tagtäglich" in der Sonderkrankenanstalt Amstetten-Mauer ein uns aus. Sie frage sich auch, warum die Öffentlichkeit wisse, wo die Opfer untergebracht sind, so die Mandatarin. Das "in Szene setzen" Lenzes sei "mehr als entbehrlich".

Was den Verdächtigen Josef F. angehe, so sei dieser bei einer "Bank mit Landesbeteiligung" ebenso wie "bei den Behörden wegen seiner regen Immobilientätigkeit" nicht unbekannt gewesen, merkte Krismer an. Konservatives Auftreten habe "als Tarnung" gereicht.

Herbst sei "unbestritten ein sehr kompetenter Wirtschaftsjurist". Die Frage, was ihn dazu bringe, einen "fachfremden, hochsensiblen Fall" zu übernehmen, beantwortete Krismer selbst. Sie "behaupte", der Anwalt sei nach einem Anruf des Landeshauptmannes, der keinen Widerspruch dulde, installiert worden. Herbst würde auch "nicht im Sinne der Opfer" agieren, sei er doch mit Details an die Öffentlichkeit gegangen.

"Übervater" Pröll

Pröll habe als "Übervater" eingegriffen, so Krismer weiter. Er mische sich ein und gehe sogar so weit, "dass er den Opfern die Selbstbestimmung raubt". Herbst sei den Betroffenen im Inzest-Fall "aufgezwungen" worden. Es sei überdies "sehr unüblich, dass man einen männlichen Anwalt einsetzt". Für die Grünen wird Pröll im Landtag seine Einmischung zu erklären haben. Man werde auch über das "Familienland" und über soziale Vorhaben reden müssen.

An Forderungen erhob die Mandatarin u.a. die Aufstockung des Personals an den Jugendabteilungen der Bezirkshauptmannschaften, den Ausbau der Kinderschutzgruppen an Krankenhäusern und die Meldepflicht bei Gewaltdelikten. Darüber hinaus werde das Land die Therapiekosten für die Opfer im Inzest-Fall "Zeit Lebens" zu übernehmen haben. Die Grünen würden einen entsprechenden Beschluss erwarten.

Es sei keine Frage, dass sich der Landtag mit der Thematik zu befassen habe, sagte Petrovic. Sie verwies darauf, dass die Impulse dazu von den "kleinen Parteien" ausgegangen seien, während ÖVP und SPÖ offensichtlich "lieber keine Debatte" führen wollten. Hinsichtlich der von der FPÖ beantragten "Aktuellen Stunde" zum Inzest-Fall merkte die Klubobfrau an, dass es hinsichtlich des Wortlautes keine Einigung mit den Freiheitlichen gegeben habe. (APA)