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Im Ö1-Morgenjournal sagte Ärztekammerpräsident Dorner, es müsse sich um eine "Gruppe von genetischen Ärztehassern gehandelt haben", die dieses Papier entwickelt hat.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER
Wien - Die Ärztekammer droht mit Protestmaßnahmen gegen die von der Regierung geplante Gesundheitsreform. "Wir werden sicher nicht tatenlos zusehen", sagte Ärztekammer-Präsident Walter Dorner am Dienstagabend vor Journalisten. Wenn an dem Entwurf nicht noch deutliche Veränderungen vorgenommen werden, "dann werden wir im Herbst die nötigen Highlights setzen", sagte Dorner. Unterstützung holte er sich durch den Arbeits- und Sozialrechtler Theodor Tomandl, der vor einer Zerstörung eines funktionierenden Systems warnte. Als Lösungsmöglichkeit schlug er einen professionellen Schlichter vor.

Im Ö1-Morgenjournal sagte Dorner, es müsse sich um eine "Gruppe von genetischen Ärztehassern gehandelt haben", die dieses Papier entwickelt hat. Hier seien Leute mit "überproportionalen Neidgefühlen" am Werk gewesen. Er betonte zwar, dass die Ärztekammer "nicht die Nerven wegschmeißen" und "mit großer Besonnenheit" reagieren werde. Gleichzeitig stellte er aber auch klar, dass man sich gegen einen Systembruch mit der geplanten Möglichkeit von Einzelverträgen im Falle eines vertragslosen Zustands "massivst wehren" werde. "Wir werden die nötigen Mittel dazu finden."

Informationsveranstaltung

Als nächste Maßnahmen kündigte der Präsident eine Informationsveranstaltung für die niedergelassenen Ärzte am 27. Mai im Wiener Austria Center an. Einen Tag später wird die Ärztekammer in einer außerordentlichen Vorstandssitzung über weitere Maßnahmen beraten. Das Wiener Patientenbegehren mit mehr als 150.000 Unterschriften soll noch im Mai oder zu Beginn der Fußball-Europameisterschaft Anfang Juni an Bundeskanzler Gusenbauer übergeben werden.

Tomandl unterstütze Dorner vor allem in der Kritik an der geplanten Möglichkeit zur Schaffung von Einzelverträgen. Damit würde das ganze Gefüge zerstört werden, wenn man diese Steine herausnehme, "bricht das System zusammen". Das ganze System könne nur funktionieren, wenn man es nicht aushöhle.

Professionelle Schlichter

Als möglichen Ausweg schlug der Arbeits- und Sozialrechtler die Einsetzung eines professionellen Schlichters für heikle Verhandlungssituationen vor, wie er in Deutschland bei Kollektivvertragsverhandlungen eingesetzt wird. Dieser könne persönliche Animositäten zwischen den Verhandlern abbauen und unverbindliche Vorschläge machen. Dorner begrüßte diesen Vorschlag als "großartige Idee". Einen möglichen Namen für einen solchen Schlichter wollten beide nicht nennen.

Proteste

Am Dienstag bekräftigte der Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer Wien, Johannes Steinhart, die Kritik der Wiener Kammer an der geplanten Gesundheitsreform. In Wien, so betonte er, wird es "in den nächsten Wochen umfangreiche Informations- und Protestmaßnahmen der Ärzteschaft" geben. Diese sollen auch während der Fußball-EM stattfinden, wie Steinhart in einer Aussendung betonte.

Er verwies auf den am 27. Mai im Austria Center stattfindenden "Krisengipfel" der Wiener Ärzteschaft, zu dem mehr als tausend niedergelassene Ärzte erwartet würden. Geplant sei weiters eine Großdemonstration am 3. Juni 2008, "was automatisch auch Ordinationsschließungen zur Folge hat".

"Einzige Möglichkeit"

Für Steinhart ist dies "die einzige Möglichkeit, um auf den Wahnsinn, der rund um die sogenannte Gesundheitsreform passiert, entsprechend aufmerksam zu machen". Erfolglos habe man in den letzten Tagen versucht, Regierungsmitglieder und Sozialpartner zu weiteren Gesprächen und Abänderungen zu bewegen.

In den nächsten Wochen werde die Ärztekammer daher die Patienten massiv über die Hintergründe für die Protestmaßnahmen informieren. Denn schließlich, so Steinhart, seien Ärzte und Patienten gleichermaßen "die Verlierer der von der Wirtschaftslobby und der von ihr ausgetricksten Gewerkschaft kompromisslos durchgepeitschten Gesundheitsreform".

"Es geht hier um die Gesundheit der Menschen und um die diesbezügliche Weichenstellung für die nächsten Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte. Die Regierung hat jetzt den Gesetzesentwurf eingebracht, daher müssen wir jetzt reagieren", so der Kammer-Vize weiter. Vor diesem Hintergrund könne man auch nicht auf ein für einige Wochen anberaumtes Großereignis wie die EURO Bedacht nehmen. (APA)