Die Begeisterung im proeuropäischen Lager Serbiens hat sich nach den Wahlen am Sonntag gelegt. Trotz des sensationellen Sieges ist das von der Demokratischen Partei (DS) angeführte Bündnis auf eine Koalition mit der vom verstorbenen Slobodan Miloševic gegründeten Sozialistische Partei Serbiens (SPS) angewiesen.

Die Demokraten haben ihre bisherigen politischen Feinde aufgefordert, „auf die Seite der Sieger“ überzutreten und so die weitere Integration Serbiens in die EU zu ermöglichen. Der Preis, den DS-Chef und Präsident Boris Tadic bereit ist, den Sozialisten für ihre Unterstützung zu bezahlen, ist noch unbekannt.

Eine solche Koalition würde die SPS von dem Ballast der Vergangenheit befreien. Es heißt, dass man der SPS sogar einen Platz in der Sozialistischen Internationale anbieten könnte, um die Bildung einer europafeindlichen Regierung zu verhindern. Die SPS hätte so die Chance, sich als eine sozialdemokratische Partei zu etablieren.

Ministerposten

SPS-Chef Ivica Daèic genießt sichtlich die Rolle des neuen serbischen Königsmachers. Gelassen schaut er zu wie ihm die DS den Hof macht, die Miloševic dem UNO-Tribunal auslieferte und die SPS für politische Morde und die Plünderung Serbiens beschuldigt hatte.

Auf der anderen Seite verlieren die nationalistische Serbische Radikale Partei (SRS) und die konservative Demokratische Partei Serbiens (DSS) des scheidenden Premiers Vojislav Koštunica keine Zeit. Sie haben sich schon auf eine Koalition geeinigt und die SPS aufgefordert, gemeinsam eine Regierung zu bilden, in der sich alles um die Verteidigung des Kosovo dreht. Medien wollen wissen, dass sie Daèic sogar das Premiersamt oder vierzig Prozent der Ministerposten anbieten könnten. (Andrej Ivanji aus Belgrad/DER STANDARD, Printausgabe, 14.5.2008)