Detail aus dem Comic "Macht und Ohnmacht" von Johanna Freise (Aquarell auf Papier, 1999).

Foto: Galerie Thoman

Immer wieder einmal beteiligt sich die Schauspielerin und Sängerin Meret Becker an delikaten Kunstprojekten. Ausschlaggebend für ihre Mitwirkung bei der Verfilmung eines Comics von Johanna Freise seien die Sexszenen gewesen. Die sind auch einprägsam: Die ruckeligen Bilder zeigen ein heftiges Boy-Meets-Girl in verschiedenen Stellungen. Ebenso stark aber dürfte Becker, die der Hauptfigur ihre Stimme leiht, sich angesprochen gefühlt haben von der melancholisch-fantastischen Stimmung des Films "Kurzes Leben", den Johanna Freise mit Daniel Suljic nach dem gleichnamigen Comic produzierte. Bei aller düsteren Poesie fehlt nicht ein Schuss Sarkasmus: "Ich sitze im schlecht gezeichneten Bus und denke über den Tod nach," beobachtet das Mädchen.

Schlecht gezeichnet sind sie keineswegs, die Comics der Maria-Lassnig-Schülerin. Bei E. & K. Thoman läuft nicht nur die Neun-Minuten-Animation, es sind auch drei mehrteilige Comic-Arbeiten ausgestellt. Schwarz-weiß wie ein Gutteil des Films ist Secrets, a nose-story, jener bleistiftgezeichnete Mann-Frau-Schriftverkehr, der am ehesten in die Comic-Szene um Publikationen wie Strapazin und Künstlerinnen wie Julie Doucet oder Anke Feuchtenberger passen würde. Auch die bunten, in den Neunzigern entstandenen Macht und Ohnmacht und Nach dem Konzert verhandeln temperamentvoll das Ruckeln der Geschlechter, drapieren Sprechblasen in starke Farben, erzählen expressiv von Rausch und Rock'n Roll, Verwundbarkeit und Revolte. (pen/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14. 5. 2008)