Großbritannien unterstützt ehemalige Kolonien. Die Schweiz investiert ein Fünftel ihrer Entwicklungsgelder in die Katastrophenhilfe. Die Österreicher spenden gern. Wie soll man angesichts von Katstrophen wie dem Erdbeben in China oder dem Zyklon in Burma am effizientesten helfen? Der Direktor des Instituts für Entwicklung und Frieden in Duisburg, Franz Nuscheler, plädiert für mehr Geld für multilaterale Organisationen wie das Flüchtlingshilfswerk UNHCR oder das Entwicklungsprogramm UNDP. "Doch alle Staaten haben die Mittel für solche Organisationen zurückgeschraubt", so Nuscheler.

"Profilierungsneurose"

Nicht nur in Österreich werden öffentliche Mittel bevorzugt für bilaterale Hilfe ausgegeben und nicht für die UNO, ganz einfach deshalb, weil man mit bilateralen Projekten stärker nationale Interessen vertreten kann. "Je kleiner das Land, desto größer ist die Profilierungsneurose", sagt Nuscheler. Er habe in seiner Funktion als entwicklungspolitischer Beirat im österreichischen Außenamt schon oft darauf hingewiesen, dass Österreich sich doch mit anderen kleineren Ländern mehr in der UNO engagieren solle. Wer mehr Geld gebe, sei auch stärker in den Gremien vertreten. "Die Skandinavier profitieren davon, selbst die Dänen setzen unter einer konservativen Regierung auf die UN und haben in der Dritten Welt ein gutes Image."

Auf dem Humanitarian Response Index 2007, der die Geberpolitik für humanitäre Hilfe misst, liegt Österreich nur auf Platz 20 von 23 OECD-Staaten. Als Wien etwa nach der Tsunami-Katastrophe im Dezember 2004 bei der UN-Geberkonferenz am 11. Jänner 2005 "als einziges der vergleichbaren Länder keinen Beitrag zu den multilateralen humanitären Agenturen geleistet" hat, so wird in einem internen Papier im Außenministerium kritisiert, argumentierte man, dass man "einen anderen Ansatz" gewählt habe und auf bilaterale Projekte setze, "die als österreichisch identifizierbar sind".

Dieses "Österreich-Zeigen" nennt Nuscheler kleinkariert. "In den vergangenen Jahren hat Österreich an multilateraler Hilfe nur mehr jene Beiträge bezahlt, die unbedingt sein mussten", moniert auch Michael Obrovsky von der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE). "Das war eine politische Entscheidung."

"Tsunami-Blamage"

Laut der ÖFSE waren 2005 nur 21,7 Prozent der Gelder Österreichs für offizielle Entwicklungszusammenarbeit multilateral, im Jahr 2004 waren es noch 48 Prozent. Zugenommen haben in diesem Zeitraum Privatspenden, die teils nicht nachhaltig für den Wiederaufbau in den Tsunamigebieten verwendet wurden. Auch Diplomaten sprechen von der "Tsunami-Blamage". Obrovsky kritisiert, dass auch die Medien alles tun, um Österreich als Spendenweltmeister darzustellen. "Dann kann der Finanzminister leichter beim Budget für humanitäre Hilfe sparen."

Nuscheler findet Spenden "katholisch", weil der "altruistische Hilfsaspekt" angesprochen wird. Kontraproduktiv sei aber, wenn man einerseits die UNO stärken wolle und dort wo sie operiere, dann die Mittel entziehe. "Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass Österreich als UN-Standort die multilateralen Einrichtungen finanziell besonders fördert, aber dem ist nicht so", sagt Obrovsky. "Bonn hat Wien als Standort schon den Rang abgelaufen", befindet Nuscheler. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD Printausgabe, 14.05.2008)