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Die Zeit, die ein Astronaut tatsächlich im Weltraum verbringt, ist wesentlich kürzer als die Vorbereitung darauf. Der Deutsche Hans Schlegel bekam im Februar 2008 seine Chance: Beim "Space Walk"am Columbus-Modul der ISS.

Foto: REUTERS/ESA/NASA
Vier Astronauten werden eingestellt, die Ausschreibung startet am 19. Mai. Der deutsche Astronaut Gerhard Thiele gab Bewerbungstipps.

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Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung? Sie sind zwischen 27 und 37 Jahre alt, sprechen fließend Englisch, haben naturwissenschaftliche Kenntnisse, sind teamfähig - und schwindelfrei?

Dann wäre eine Bewerbung bei der Europäischen Raumfahrtagentur ESA relativ chancenreich. Die Gelegenheit wird jedenfalls nicht so schnell wieder kommen: Erstmals seit 15 Jahren hält die ESA wieder Ausschau nach Nachwuchsastronauten. Für sechs Wochen, genauer gesagt zwischen 19. Mai und 15. Juni 2008, können sich Raumfahrt-Aspiranten aus allen 17 ESA-Mitgliedstaaten (darunter Österreich) mittels Online-Formular (siehe Webtipp) um einen der begehrten Jobs beim Astronautencorps bewerben.

Die Ausschreibung wurde am Dienstag von Forschungsstaatssekretärin Christa Kranzl und Gerhard Thiele, dem Leiter des Astronautenzentrums der ESA in Köln vorgestellt. "Wir suchen die Besten der Besten", stellte Thiele, der im Jahr 2000 im Rahmen der STS-99-Mission selbst einen Raumflug unternahm, gleich vorweg fest. "Wir wissen nicht, wo sie sind, und wir suchen sie überall in Europa."

Gesucht werden Testpiloten, Wissenschafter und Techniker. Die Besten der Besten erwartet ein Einstiegsgehalt von 4200 Euro netto exklusive Zulagen und eine Ausbildungszeit von rund fünf Jahren. Die erste Gelegenheit für einen Flug ins All, nämlich zur Internationalen Raumstation ISS, bietet sich Ende 2013/Anfang 2014.

20.000 bis 50.000 Bewerbungen

Die Agentur rechnet mit 20.000 bis 50.000 Bewerbungen, davon könnten laut Thiele "mehrere hundert" aus Österreich eintreffen. Eine Chance für eine Reise zu den Sternen werden jedoch nur "etwa" vier Kandidaten und Kandidatinnen bekommen. Da viele der derzeit acht europäischen Astronauten bereits über 50 Jahre alt sind, sei es Thiele zufolge "durchaus denkbar", dass doch mehr als vier Raumfahrer zum Zug kommen.

Erste Voraussetzung für eine Teilnahme an dem mehrstufigen Weltraum-Casting ist ein ärztliches Attest, wie es Privatpiloten vorlegen müssen. Rund 1000 Kandidaten werden dann die erste psychologische Eignungsprüfung absolvieren, bei der Basiskompetenzen wie schnelles und fehlerfreies Arbeiten unter Druck, räumliches Vorstellungsvermögen, Gedächtnis und logisches Denken getestet werden. In der zweiten Runde, in die etwa 200 Astronauten-Anwärter eingeladen werden dürften, gilt es, Kommunikationsverhalten und Teamfähigkeit unter Beweis zu stellen.

Etwa die Hälfte sollte es in die nächste Runde schaffen, wo intensive medizinische Tests anstehen. Jene Bewerber, die dann übrig bleiben, müssen sich "nur" noch den abschließenden Job-Interviews stellen. Im Frühjahr 2009 werden die neuen ESA-Astronauten vorgestellt, im darauffolgenden Sommer beginnt das Training.

Gerhard Thiele räumt mit allzu romantischen Vorstellungen vom Alltag eines Weltraumforschers auf: "Papier und Bleistift sind die wichtigsten Werkzeuge eines Astronauten." Da das amerikanische Space Shuttle 2010 außer Dienst gestellt wird und ab dann nur mehr die russischen Sojus-Raumschiffe Menschen ins All transportieren, müssen alle Passagiere Russisch lernen und sich zudem Wissen in den verschiedensten wissenschaftlichen Fachrichtungen aneignen. Zum Training gehören aber auch die weitaus bekannteren Übungen wie Simulationen in der Zentrifuge und im Tauchbecken.

Nur ein bis zweimal im Einsatz

"Es ist ein Traumjob, aber man muss die Ungewissheit mögen", sagt Thiele, der sich mit seinem Beruf einen Kindheitstraum wahrgemacht hat. Wovon auch das Funkeln in seinen Augen zeugt, wenn er von seinen Erfahrungen während seiner elftägigen Mission ins All erzählt. "Ein typischer Astronaut kommt zweimal in seiner 15- bis 20-jährigen Berufslaufbahn zum Einsatz. Aber auch wenn ich in 20 Jahren nur einmal geflogen bin, würde ich mich wieder bewerben", meint Thiele. "Der Blick auf die Erde ist das überwältigendste, was ich erlebt habe."

Mit der Ausschreibung will die ESA eine neue Ära der bemannten Raumfahrt einleiten. Zum Mars wird es die nächste Astronautengeneration wohl nicht schaffen, vielleicht aber zum Mond. (Karin Krichmayr/DER STANDARD, Printausgabe, 14.5.2008)