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Bundeskanzler Gusenbauer: "Bei uns sind Senatoren nach 16 Uhr kaum noch bei der Arbeit anzutreffen"

Foto: AP /Hans Punz
Wien/Santiago de Chile – Eine launige Bemerkung von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer vor argentinischen Senatoren während seiner Südamerika-Tour sorgt für Empörung in Österreich. „Bei uns sind Senatoren nach 16 Uhr kaum noch bei der Arbeit anzutreffen“, hatte er gesagt, als er in Buenos Aires in einem Empfangsraum des Parlaments begrüßt worden war. Der Kanzler, der von einer Gruppe österreichischer Journalisten begleitet wurde, war überrascht, dass kurz vor den Pfingstferien so viele Abgeordnete erschienen waren.

Was Freitagnachmittag noch eine Nebenbemerkung war, sorgte Mittwoch bei Parlamentariern in Wien, aufgeschreckt von einer Zeitungsmeldung, für bittere Kommentare. Parteikollegin und Nationalratspräsidentin Barbara Prammer ist „sehr verärgert“, sie wies die Aussage Gusenbauers „auf das Schärfste“ zurück und kündigte ein Gespräch mit ihm an. Die SPÖ-Abgeordneten Melitta Trunk und Josef Broukal reagierten verärgert.

Der Zweite Nationalratspräsident, Michael Spindelegger (ÖVP), fand den Ausspruch „nicht gerade förderlich“. Es sei ein politischer Grundsatz, dass man sich im Ausland nicht über das eigene Land lustig macht. Einen „Eklat der Sonderklasse“ ortete die FPÖ, sie verlangte vom „Rotwein-Kanzler“ eine Entschuldigung. In einer parlamentarischen Anfrage will Generalsekretär Harald Vilimsky unter anderem wissen, "welche diplomatische Strategie" Gusenbauer "mit der Beleidigung des Österreichischen Parlaments im Ausland" verfolge.

Die Vizechefin der Grünen und Zweite Nationalratspräsidentin, Eva Glawischnig, hält eine scharfe Rüge für den Kanzler für angebracht.

Gusenbauer selbst, der inzwischen via Brasilien bereits in Chile angekommen ist, zeigte sich üebrrascht über die Aufregung: Seine Bemerkung sei „ein Scherz“ gewesen, den man auch als solchen belassen sollte. Gusenbauer sorgte nicht zum ersten Mal für schlechte Stimmung: Nach seinem Amtsantritt als SPÖ-Chef hatte er über seine Abgeordneten gemeint, ein Drittel könne seinem Leistungsprinzip gerecht werden, ein Drittel sei zu vergessen und ein Drittel „resozialisierbar“. (est, APA/DER STANDARD, Printausgabe, 15.5.2008)