Ergänzende Anmerkungen zu Hans Rauschers Kolumnen "Israel und wir nach 60 Jahren" .

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Israel nach 60 Jahren ist aber gleichzeitig anders als bei seiner Gründung", schreibt Hans Rauscher in den Ausgaben des Standard vom 6. und vom 10. Mai 2008. Da stimme ich mit Freude zu. Von einem Staat mit ca. 800.000 Einwohnern im Jahr 1948 ist es zu einem Staat von 7,2 Millionen gewachsen.

Der Staat, dem bei seiner Gründung nur wenige Chancen zum Überleben gegeben wurden, ist heute die Heimat für über 5,8 Millionen Juden. Die arabischen Bürger Israels zählen heute ca. 1,4 Millionen im Vergleich zu 150.000 im Jahre 1948. Von einem Land das eine total zerstörte Infrastruktur nach dem Unabhängigkeitskrieg hatte, in dem 700.000 Flüchtlinge - Überlebende der Shoah aus Europa sowie verfolgte Juden aus der arabischen Welt - in Zelten, Baracken und Flüchtlingslager lebten, hat sich Israel in eine blühende demokratische Gesellschaft entwickelt. Israel ist in seinem 60. Jahr ein Weltspitzenreiter in Bereichen der modernen Industrie, der Forschung und des Hitech, von der prosperierenden Landwirtschaft ganz zu schweigen. Kein Land der Welt widmet mehr Mittel (in Prozent vom Bruttosozialprodukt) der wissenschaftlichen Forschung als Israel. Der Anteil der Bürgerinnen und Bürger mit einem akademischen Titel in Israel ist einer der größten in der Welt. Das Bruttosozialprodukt - pro Person - ist höher als das einiger europäischer Staaten.

Auch andere statistische Werte bestätigen, dass Israel sich sehr wohl geändert hat - und zum Besseren - seit 1948. Die arabischen Bürger (und nicht "Mitbürger") Israels sind in allen Lebensbereichen des Staates vertreten. Sie bekleiden Ministerposten, sind Abgeordnete in der Knesset (Parlament), tätig im akademischen Bereich, leiten Krankenhäuser und vieles mehr. Wir alle sollten und können uns darüber freuen, dass Israel sich seit 1948 geändert hat.

Die Rückbesiedelung Palästinas durch die Juden begann nicht erst, wie Hans Rauscher schreibt, Ende des 19. Jahrhunderts. In den 4000 Jahren der Geschichte des jüdischen Volkes, haben die Juden nie ihr Land freiwillig verlassen. Mehr noch, in all dieser Zeit gab es keine Periode, in der es im Land Israel keine jüdischen Bewohner gab. Schon im Jahr 1860 bildeten die Juden die absolute Mehrheit der Bewohner Jerusalems.

Friedensbereitschaft ...

Am 29. November 1947 beschloss die Vollversammlung der UNO die Teilung des britischen Mandatsgebiets von Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Staat. Hier ist es wichtig zu erwähnen, dass ein Jahr zuvor, im Jahr 1946, die Briten auf 80 Prozent der Fläche des ihnen vom Völkerbund gegebenen Mandatsgebiets - östlich des Jordan Flusses - das haschemitische Königsreich von Transjordanien gegründet haben. Trotz des geografisch unmöglichen Teilungsplanes hat die zionistische Führung in Palästina diesen Plan akzeptiert, in der Hoffnung auf ein friedliches Nebeneinander mit der arabischen Bevölkerung.

In der Unabhängigkeitserklärung, sechs Monate später, heißt es ausdrücklich: "Wir reichen allen unseren Nachbarn und Nachbarstaaten die Hand zum Frieden aus." Sechs arabische Staaten, wie auch Hans Rauscher fairerweise erwähnt, sind in den soeben proklamierten Staat einmarschiert, mit dem klaren Ziel, diesen Staat schon bei seiner Gründung zu vernichten. Dies war ein eindeutiger und flagranter Angriff auch auf die Entscheidung der Vereinten Nationen. Der Teilungsplan der UN war somit hinfällig.

Nach dem Krieg waren die arabischen Staaten nur bereit, Waffenstillstandsabkommen mit Israel zu unterzeichen. Diese Abkommen bildeten auch die Waffenstillstandslinien, die von keinem arabischen Staat als Grenzen anerkannt wurden. Das Westjordanland wurde von Jordanien annektiert, und der Gazastreifen wurde von Ägypten erobert und jahrelang verwaltet.

... mehrfach bewiesen

19 Jahre später, im Jahr 1967, haben Ägypten, Syrien und Jordanien einen weiteren Versuch unternommen, um diese "Schande" oder "Naqba", nämlich den Staat Israel, von der Weltkarte zu radieren. Sowohl dieser Versuch wie ein weiterer im Jahr 1973 schlugen fehl. Einige Jahre später, im Jahr 1979, unterzeichnete Ägypten einen Friedensvertrag mit Israel. Demzufolge wurde einerseits Ägypten von der arabischen Liga boykottiert, und Israel anderseits übergab den Ägyptern den gesamten Sinai, inklusive der Ölfelder und der Meeresstraße von Tiran im Roten Meer, die einzige Verbindung Israels in die südlichen Meere, die in der Vergangenheit von den Ägyptern zweimal blockiert wurde. 1993 hat Israel mit der PLO die Oslo-Abkommen unterzeichnet und sich damit klar für eine Zwei-Staaten-Lösung in Palästina erklärt. Ein Jahr danach, im Jahr 1994, hat auch Jordanien Frieden mit Israel geschlossen, und beide Staaten haben seit damals eine gemeinsam anerkannte Grenze. Im Laufe der Jahre hat sich Israel auch aus dem Süden des Libanons zurückgezogen, von wo aus es vorher und auch nachher, zuletzt im Jahr 2006, angegriffen wurde. Vor mehr als zwei Jahren hat sich Israel aus dem Gazastreifen zurückgezogen und "erntet" seitdem tägliche Raketen- und Bombenangriffe auf zivile Ortschaften im Süden des Landes.

All den Friedensbemühungen Israels zum Trotz wird auch heute, 60 Jahre nach seiner Gründung, das Existenzrecht des Staates Israel von der Mehrheit der arabischen Staaten wie auch vom Iran, der Hamas in Gaza und der Hisbollah (wörtlich übersetzt: die "Partei Gottes") im Libanon abgelehnt. Auch Hans Rauscher weiß, dass "es keineswegs sicher ist, dass alle Angriffe auf Israel aufhören werden, sobald die Palästinenser einen eigenen Staat halbwegs zu ihrer Zufriedenheit haben".

Wenn Österreich seiner Mitverantwortung aufgrund der Geschichte gerecht werden will, so muss und soll es, gemeinsam mit der gesamten Völkerfamilie, die arabischen Staaten, den Iran und die verschiedenen Terrororganisationen dazu motivieren, das Existenzrecht Israels zu akzeptieren. Israel hat mehrmals, in Worten wie auch in Taten, seinen Willen zum Frieden bewiesen. Israel ist jedoch nicht bereit, seine Existenz, und damit die Existenz des einzigen immer offenen Zufluchtsorts für Juden und Jüdinnen aus aller Welt, aufzugeben. (DER STANDARD, Printausgabe, 15.5.2008)