Linz/Wien – Die Voestalpine hat am Donnerstag den vor Wochen angekündigten letzten Schritt zur Böhler-Übernahme gesetzt: Der Linzer Stahl- und Verarbeitungskonzern will die verbliebenen knapp zehn Prozent Böhler-Aktionäre auskaufen und legte ein Barabfindungsangebot. Dabei zeigten sich die Voest nach Ansicht von Aktionärsvertretern knausrig, sie will je Böhler-Aktie nur 70,26 Euro zahlen, weit weniger als die 73 Euro des Übernahmeangebots im Vorjahr – und auch unter dem zuletzt erwarteten Preisband von 73 bis 75 Euro. Am Mittwoch hatte Böhler mit 72,74 Euro geschlossen.

Keine Bindung an Gebotshöhe

"Ich gehe davon aus, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist", gab sich Kleinaktionärsvertreter Wilhelm Rasinger optimistisch. Zwischen dem, was Gutachter herausbekämen und dem, was die Leute angesichts der Rahmenbedingungen erwarten würden. Ein Diskussionspunkt etwa werde die Dividende für 2007 sein. "Es wird darum gehen, einen allgemein akzeptierten Preis zu finden, um sich mühselige Überprüfungen, Verfahren, Diskussionen und Emotion zu ersparen", skizziert Rasinger das Umfeld.

Rechtlich ist Voestalpine beim Squeeze-out an keine bestimmte Gebotshöhe gebunden – auch nicht an jene 73 Euro, die sie bei der Übernahme geboten und bezahlt hatte. Ursprünglich hatte die Voest im Mai 2007 nur 69 Euro zahlen wollen, dann aber auf 73 Euro erhöht und so eine knappe Mehrheit von 54,6 Prozent die größte Akquisition in der österreichischen Industriegeschichte geschafft. Bis zum Ende der Nachfrist per 6. September stieg der Anteil auf 79,2 Prozent, in der Folge wurden laufend weitere Anteile über die Börse zugekauft.

"Angemessener Preis"

Inklusive Dividende wurde Böhler damit mit 3,7 Milliarden Euro bewertet. Für das knapp 55-prozentige Mehrheitspaket, das fast 28 Millionen Aktien umfasste, zahlte die Voest zwei Milliarden Euro. Ausgegangen war die Übernahme von der Investorengruppe rund um Rechtsanwalt Rudolf Fries, die knapp 21 Prozent an Böhler hielt und verkaufen wollte. Am 11. April 2007 verkauft Fries nicht an den Fonds CVC, sondern an die Voest. Die hält ihr jüngstes Angebot ebenso für angemessen, wie das allererste, und besitzt laut eigenen Angaben 90,24 Prozent am Edelstahlkonzern Böhler. Dank Stahl-Hausse braucht die Voest für die Übernahme auch keine Kapitalerhöhung, der Deal soll in zwei Jahren verdaut sein. Den Squeeze-out will Voest-Chef Wolfgang Eder Ende August abgeschlossen haben – und Böhler verschwindet für immer vom Kurszettel. (ung, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 16.5.2008)