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Bodner nennt keine Details aus dem Real-Deal. Bwin zog jedenfalls 30 Millionen Euro aus Deutschland ab.

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Standard: Kürzlich hat Bwin als Hauptsponsor für drei Jahre mit Real Madrid abgeschlossen. Wie wird ein solcher Deal ausverhandelt?

Bodner: Real ist natürlich kein x-beliebiger Klub, dadurch wird's ein wenig komplizierter. Die Vorbereitung solcher Deals dauert ein halbes Jahr, mit Real haben wir ab August 06 geredet, im Dezember gab's einen Vorvertrag, im Frühjahr 2007 war alles klar. Wir haben ja einen ähnlichen Deal mit AC Milan. Die Größten der Branche haben erkannt, wir sind ein Entertainmentbereich wie viele andere auch.

Standard: Eine Vertragssumme von 40 Millionen für drei Jahre wurde kolportiert.

Bodner: Die Zahlen, die da herumschwirren, sind allesamt falsch. Das ist ein spanisches Spiel zwischen Real und Barcelona. Da werden Facts und Figures in den Raum gestellt, da geht's um den Vergleich: Wer hat den tollsten Deal abgeschlossen, wer kriegt die höchsten Beträge. Wir haben Vertraulichkeit vereinbart.

Standard: Das freilich ist ein europäisches Spiel, dass man Vertragssummen im Sport wie Staatsgeheimnisse behandelt. Wieso geht man damit nicht offen um wie in Nordamerika?

Bodner: Das hat auch wirtschaftliche Gründe. Wenn ich etwa in meinen Augen viel bezahlt habe, will ich nicht, dass das derjenige weiß, mit dem ich die nächsten Verhandlungen führe. Oder wenn ein Klub in seinen Augen die Hosen heruntergelassen hat, will er nicht, dass das ein möglicher zukünftiger Sponsor weiß.

Standard: Wie lässt sich errechnen, ob sich ein Deal wie jener von Bwin mit Real überhaupt bezahlt macht?

Bodner: Insgesamt ist der Vertrag wohl der interessanteste und günstigste in der Geschichte großer Klubsponsorings. Man wollte in Madrid unbedingt mit uns arbeiten. Uns geht es natürlich nicht nur um die konventionelle Marketingschiene. Da tun wir etwas für unser Image, für das Image der ganzen Branche. Wir ziehen sozusagen einen Karren hinter uns her.

Standard: Sie haben ja einmal gesagt, Sie sehen sich quasi als Jesus Christus, weil Sie das Kreuz der Industrie tragen.

Bodner: Diese Formulierung war etwas dramatisch. Nachdem mein Kollege Norbert Teufelberger und ich im Vorjahr in Frankreich verhaftet worden und vier Tage inhaftiert gewesen waren, weil wir einen Fußballklub sponsern wollten, sahen wir uns halt besonders als Märtyrer.

Standard: Waren Sie seither wieder in Frankreich?

Bodner: Natürlich. Es gibt keinen Grund, nicht hinzufahren. Es gab keine Anklage-Erhebung, bis dato nicht einmal eine zweite Anhörung. Aber ich gebe zu, es reißt mich immer noch, wenn ich irgendwo ein Blaulicht sehe.

Standard: In Spanien sind Sie jetzt groß ein-, in Deutschland nach etlichen rechtlichen Problemen wieder ausgestiegen. Waren Sie da zu früh dran?

Bodner: Wir haben uns vielleicht zu viel erwartet, was das politische Gewicht des Fußballs in Deutschland betrifft. Die Politik dort hat sich eingebunkert, die Logik ist kurzatmig. Doch die Großwetterlage wird sich auch in Deutschland in Richtung Privatisierung drehen. Jetzt sind die Klubs und die Liga dort freilich am Jammern, weil es ohnehin schon eine finanzielle Schieflage gibt in Europa. Deutschland kann mit England, Spanien oder Italien kaum mit. Und wir haben jetzt 30 Millionen Euro aus Deutschland abgezogen, das ist kein Klacks.

Standard: Wann wird auf dem Online-Wettmarkt europaweit rechtliche Klarheit herrschen?

Bodner: Spätestens in fünf Jahren. Es kommt drauf an, wie sich Deutschland und Frankreich in nächster Zeit verhalten. Ich denke, dass auch dort langsam ein Umdenken eingesetzt hat. So wirklich liberal sind wir halt noch nicht in den Vereinigten Staaten von Europa. Die Lage ist vergleichbar mit jener vor der TV-Privatisierung, da haben auch viele von einem Sittenverfall geredet und den Teufel an die Wand gemalt.

Standard: Argumentiert wird damit, dass man in Casinos den Kunden zu Gesicht bekommt, im Internet aber nicht.

Bodner: Im Casino kann man von einem Tisch zum anderen laufen, ohne Spuren zu hinterlassen, Lotto ist sowieso völlig anonym. Online gibt's hundertprozentige Transparenz, wir kennen das Spielverhalten unserer Kunden. Mit Suchtforschung beschäftigen wir uns längst, seit mehr als zwei Jahren arbeiten wir mit der Harvard Medical School zusammen. Acht Monate lang standen 40.000 Spieler, natürlich anonymisiert, in einer lückenlosen Beobachtungsreihe. Erste Zwischenresultate sind sehr positiv, nur ein geringer Prozentsatz zeigt tatsächlich Suchtverhalten. Eines unserer Ziele ist es, eine Software zu entwickeln, die spezielles Spielverhalten und logische Muster erkennen kann. Ein anderes ist die Entwicklung eines Selbsttests.

Standard: Ist auf staatliche Kontrolle nicht mehr Verlass denn auf private?

Bodner: Die Gesellschaft muss nicht permanent beaufsichtigt werden. Es ist ganz sicher nicht Aufgabe des Staats, Roulettekugeln zu werfen und Lose zu verteilen. Überall sonst würde man sich wundern. Man stelle sich vor, der Herr Stickler wäre einziger Rotweinhersteller oder einziger Bierbrauer im Land. Dann würde das Bier wohl so schmecken wie unser Fußball.

Standard: Ihr Verhältnis zu den Casinos Austria seit dem Führungswechsel dort?

Bodner: Wir hatten uns viel erwartet vom neuen Casinos-CEO, die Hand weit ausgestreckt. Aber bald kamen wieder gebetsmühlenartig die Argumente der letzten zehn Jahre. Ich glaube, Herr Stoss ist nicht gut beraten.

Standard: Hat der deutsche Skandal um Referee Holczer Ihrem Geschäft oder Produkt geschadet oder genützt?

Bodner: Das war im Prinzip sehr positiv für uns. Im Internet hat jeder sein Konto, wird jede Transaktion aufgezeichnet. Der große Betrug hat also nicht online stattgefunden, sondern in Wettbuden. Das war ein staatliches Problem.

Standard: Wie wichtig sind Großereignisse wie Fußball-WM oder -EM für Ihr Geschäft?

Bodner: Da entstehen natürlich Kommunikationschancen, breite Teile der Bevölkerung interessieren sich. Aber beim Wetten sind dann viele Eintagsfliegen im System. Man muss schon dabei sein. Aber WM und EM sind keine entscheidenden Geschichten.

Standard: Wer bei Ihnen einen Euro auf Österreich als Europameister setzt, kassiert im Erfolgsfall 67 Euro. Wie kommt es zu einer solchen Quote?

Bodner: Da gibt es zunächst eine profunde Sportexpertise, viele unserer Mitarbeiter sind echte Fachleute. Sie erstellen eine Basisquote, die weitere Entwicklung ist davon abhängig, wie der Markt auf die angebotene Wette reagiert.

Standard: Sind 67 für einen Euro nicht gar ein bisserl wenig, wenn Österreich tatsächlich Europameister wird?

Bodner: Gerade bei Europameisterschaften gehen oft Geheimtipps auf. Bei der EM 2004 hat mit Griechenland auch ein absoluter Außenseiter gewonnen - und der hatte nicht einmal Heimvorteil! (Fritz Neumann, DER STANDARD Printausgabe 02.07.2007)