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Standard: Das österreichische U20-Team steht im Halbfinale der WM. Was passiert da in Kanada, wie stufen Sie die Ereignisse ein? Ein kleines Sommermärchen?

Schachner: Es sind dort die besten der Welt in dieser Altersklasse vertreten. Wenn man so weit kommt, und wir die tollen Leistungen im Fernsehen nachvollziehen können, ist es sicher ein kleines Sommermärchen. Vielleicht kommt da eine neue Generation auf uns zu. Es könnte sein. Teamgeist, Qualität und Einstellung sind jedenfalls jetzt schon gegeben.

Standard: Die TV-Quoten sind enorm, davon können das A-Team und die Bundesliga maximal träumen. Der österreichische Fan ist ja einer, der gewöhnlich jammert. Trainer Paul Gludovatz betont, man müsse am Boden bleiben. Wird da eine Sehnsucht nach Erfolgen gestillt?

Schachner: Es wird oft die Frage gestellt, ob dieses Team bei der EURO 2008 spielen soll und kann. Das ist zu weit hergeholt, vielleicht wird der eine oder andere im Kader aufscheinen. Prödl, Kavlak, Junuzovic oder Hoffer waren schon dabei. Aber sie sind nicht so weit, um gegen erwachsene A-Teams zu bestehen. Man muss die Kirche im Dorf lassen. Schauen wir, wie sich die Spieler entwickeln. Das Turnier in Kanada passt, die Zeit passt, das Glück passt.

Standard: Jahrelang hat es geheißen, Talente werden nicht oder zu wenig gefördert. Ein Irrtum?

Schachner: Talente wird es immer geben, die U19 könnte bei der Heim-EM auch überraschen. Vielleicht sollte man mehr Idole in die Nachwuchsarbeit eingliedern, da muss man eben ordentlich Geld ausgeben.

Standard: Bei allem Respekt. Herr Gludovatz ist kein Idol, er war der Öffentlichkeit bis vor zwei Wochen kaum bekannt.

Schachner: Ich rede allgemein. Gludovatz kriegt die Spieler von den Klubs, die bildet er ja nicht aus. Er ist der Mann, der sie formen muss. So wie der Hickersberger beim A-Team.

Standard: Wie schafft man im Fußball den Wechsel oder den Sprung vom Jugendlichen zum Mann? Sie sind ein Extrembeispiel, kamen von der zweiten Liga direkt ins Nationalteam.

Schachner: Natürlich gibt es immer Ausnahmeerscheinungen. Ich hatte zwei große Sprünge. Von St. Michael in der Gebietsliga in die zweithöchste Klasse zu Donawitz. Und dann ins Team. Überall habe ich Tor um Tor geschossen. Ist ein Jugendlicher gut, macht er seinen Weg. Egal, ob Statuten dagegen oder dafür sind. Egal, wie viele oder wie wenige Legionäre da sind.

Standard: Ist im Nachwuchs der Mannschaftsgeist ausgeprägter? Profis sind ja doch eher Konkurrenten.

Schachner: Nein. Es kann immer nur eine Mannschaft mit Teamgeist gewinnen. Einer allein hat verloren. Ob sie nach dem Training auf ein Bier gehen, ist nicht entscheidend. Jeder muss den Job zu 100 Prozent erfüllen.

Standard: Wie wird Österreich bei der EURO abschneiden?

Schachner: So ein Team mit so vielen guten Legionären haben wir schon lange nicht gehabt. Dabei bleibe ich. Dass ein paar Länderspiele schlecht waren, okay, ich bin nicht involviert. Aber wir haben Ivanschitz in Athen, Stranzl in Moskau, Prager in Holland, Linz in Portugal. Mit den zwei Engländern Scharner und Pogatetz, auf die man nicht verzichten kann, muss man doch optimistisch sein.

Standard: Sind wir also in Wahrheit gut? Oder behaupten Sie das, weil Sie selbst Teamchef werden wollten?

Schachner: Bitte keine alten Geschichten aufwärmen, das ist doch längst gegessen. Ich schätze den Hickersberger, er hat noch Zeit, man muss ihn in Ruhe arbeiten lassen. Wenn sich die Mannschaft findet, kann sie gut abschneiden, das heißt, die Gruppenphase überstehen. Im Fußball ist viel möglich, das ist das Schöne daran. Es kann sehr schnell und sehr langsam gehen. Bei Austria Kärnten haben die meisten Spieler noch nicht einmal eine Wohnung. Und trotzdem haben wir Salzburg 1:0 geschlagen. Mit dem GAK habe ich in Liverpool gewonnen. Das sind Dinge, die passieren. Sofern der Fußball ehrlich betrieben wird. (Mit Walter Schachner sprach Christian Hackl - DER STANDARD PRINTAUSGABE 17.7. 2007)